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in seinem Lande zu besuchen. Als die zwanzig Jahre vorüber
waren, bin ich Bundestagsgesandter in Frankfurt gewesen, habe
meine verlorene Wette aber nicht bezahlen können, da mein
Gegner schon früher gestorben war. Die Vorgänge des Jahres
1848 haben mich einigermaßen verbittert. Die Gemeinheit und
Unfähigkeit vieler populärer Führer hat mich angeeckelt und
die Art, wie die Demokraten die braven Soldaten behandelten,
hat mich empört.“ Auf seine eigene Haltung in jener Zeit
kommend, sagte er, daß man eben in der Jugend leidenschaft-
licher sei und erst mit dem Alter obiektivere Ansichten gewinne.
Auch verschwämmen die Parteifarben, wenn man eine gewisse
Höhe der Stellung erreicht habe. „Und dann wissen Sie ja,
wird man den Junker nie ganz los. Und so sehen Sie, wie
das Schicksal die Dinge fügt; dieselben Gesinnungen haben
Sie ins Gefängnis geführt und mich auf den Platz, auf wel-
chem ich stehe.“
Nach einer halben Stunde erhob sich Bismarck, bedauernd,
daß wichtige Geschäfte ihn abriefen. „Ich hoffe, daß Sie mich
öfters besuchen“.“)
*) Nach einer völlig unglaubwürdigen Erzählung von Georges
Goyan in der Revue des deux. Mondes („Berl. Börsenzeitung“
Nr. 5. V. 5. 1. 1910) wäre Bismarck über das von dem Erz-
bischof Ledochowski von Posen im Nov. 1870, lancierte Projekt einer
Uebersiedlung des Papstes nach Deutschland erfreut gewesen.
Bismarck habe die Ansicht vertreten, daß Deutschland durch die
Anwesenheit des Papstes in Köln oder Fulda manchen Vorteil
haben könnte. Zunächst würde Deutschland als die einzige Macht
für die Katholiken dastehen, die ihr Oberhaupt beschützen könne.
Mallinckrodt werde auf die Seite der Regierung treten. Dann
aber wäre der Papst in Deutschland durchaus nicht gefährlich,
„ein guter alter Herr, ein Bischof, wie jeder andere“. Was der
König befürchte, daß nämlich, wenn der Papst komme, in Preußen
alles katholisch werde, sei ganz unbegründet, da der Nimbus des
apostolischen Stuhles zum großen Teil auf dessen weite Ent-
fermung zurückzuführen sei. Bismarck habe sich dann dem Grafen
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