— 205 —
kunft beruht, durch keinerlei Einfluß von außen gestört werden
wird, und wer immer den Frieden Oesterreich-Ungarns trüben
wollte, der würde Deutschland gegen sich finden. Aber es
liegt auch in Niemandes Interesse, Sie anzugreifen. Wozu
sollte es Rußland tun? Sein Gebiet von Japan bis an die
Ostsee ist so ausgedehnt, daß Galizien dem gegenüber ein
geringer Gewinn wäre. In Asien setzt es seine Eroberungs-
züge deshalb fort, um seinen malkontenten Elementen Be—
schäftigung zu geben.
Der Kaukasus war Pech für Rußland. Von Gallizien
könnte es den Teil amnektieren, welcher von Ruthenen be—
wohnt ist; drei Millionen Halbbarbaren. Wozu bedürfte es
dieser? Es hat genug zu tun, um die an der Ostsee woh—
nenden drei Millionen Deutschen zu russifizieren. Und selbst
diese sind ihm nicht von Nutzen. Meine Landsleute, die
Deutschen, sind sehr fleißige, tüchtige, arbeitsame, ehrliche,
sparsame Bürger, wenn sie aber einmal Russen geworden sein
werden, dann werden sie bloß die Fehler der Russen doppelt
annehmen und ihre alten guten Eigenschaften verlieren. Gar oft
habe ich in Rußland gejagt; dort hörte ich das Sprichwort:
Wenn der Russe stiehlt, dann stiehlt er soviel, als er für
einen Tag genug hat; wenn aber der Deutsche einmal stiehlt,
dann stiehlt er so viel, daß auch seinen Kindern was davon
bleibt auch noch für den nächsten Tag. Rußland braucht
nicht mehr in Europa Eroberungen zu machen; es hat noch
zu Hause genug zu erobern. Eine Annektierung Siebenbür-
gens durch Rußland oder mit dessen Hilfe durch wen immer,
ist nichts als ein lächerliches Märchen!“
Jokai erwähnte die orientalische Frage.
Bismarck: „Auch dort gibt es für Rußland nichts zu
annektieren; was sollte es denn mit Konstantinopel anfangen,
wenn man es ihm heute schenken würde?“
Jokai gab der Hoffnung Ausdruck, daß in diesem Falle