Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 85 — 
dern erhöhte dieselbe. Daraufhin wurde ich, der Gehaßte, 
der vergötterte Wohltäter der alten Hansastadt.“ 
Abschied am Abend des zweiten Tages. Abreise nächsten 
Tag früh. « 
Friedrichsruh, 20. Mai 1890. 
Gespräche mit einer auf einem Ausfluge begriffenen 
Töchterschule aus Lübeck.“) 
*) Die Pforte des fürstlichen Parkes tat sich auf und die hohe 
gerade Gestalt Bismarcks trat auf die Straße. In Gesellschaft der 
Mädchen befanden sich einige Hamburger und Altonaer Gäste, aus 
deren Mitte ein Herr ein Hoch auf Bismarck ausbrachte, worauf 
dann die jungen Mädchen das Lied „Deutschland, Deutschland über 
alles“ anstimmten. Bismarck trat näher und begrüßte die Gäste. Er 
hatte zunächst die Huldigungen einer begeisterten Dame entgegenzu- 
nehmen, die als „Mutter deutscher Söhne“ bat, ihren Feld- 
blumenstrauß Bismarck zu Füßen legen zu dürfen. Ihren Hand- 
küssen wehrte Bismarck ab. Auch die Einführung eines Herrn 
aus Hamburg „als Mitglied des letzten Fackelzuges“ hörte der 
Fürst freundlich an. Dann aber wandte er sich zu den Schülerinnen 
und nahm die Vorstellung des Herrn Hauptpastor Trummer ent- 
gegen, der mit kurzen Worten auseinandersetzte, daß die kürzliche 
liebenswürdige Aufnahme einer jungen Dame in seinem Tus- 
kulum (gemeint ist Frl. Reuter aus Lübeck) diese jüngeren Mit- 
schwestern dazu ermutigt hätte, zu versuchen, Bismarck zu sehen. 
Darüber war er sehr erfreut und richtete an die schüchterne Schar 
mehrere freundliche, ermunternde Worte. „Ja — die treten nun 
alle in das Leben hinein, ich trete aus dem Leben hinaus.“ Einer 
Bemerkung des Herrn Hauptpastor Trummer, daß, wenn die Not 
gebiete, Bismarck doch wieder an das Steuerruder treten werde, 
wehrte er ab, „das würde nie mehr nottun.“ — Die beiden an- 
wesenden Reichshunde erfreuten sich großer Liebkosungen seitens der 
jungen Mädchen. Darüber amüsierte sich Bismarck, aber er meinte, 
daß sich der alte Tyras das nicht würde haben gefallen lassen, „der 
war ein eigener Knabe“. Schließlich verabschiedete er sich, die 
Klasse stimmte die „Wacht am Rhein“ an, er ging dem Walde 
zu und grüßte dann noch mehrmals zurückblickend die knirenden 
freudestrahlenden Mädchen. Am Nachmittag um 4 Uhr wurden 
die jungen Gäste noch einmal des Fürsten ansichtig, als er in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.