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Fredjung: „Wäre Oesterreich 1864 etwa geneigt gewesen,
Schleswig-Holstein an Preußen gegen die Garantie seines
italienischen Besitzstandes abzutreten?“
Bismarck: „Ich erinnere mich nicht an ein solches An-
gebot Oesterreichs; und ich glaube, soviel ich mich auf mein
Gedächtnis verlassen kann, daß es nicht gemacht wurde. Aber
nach meiner damaligen und späteren Intention hätten wir
sehr gut darauf eingehen können; denn ein festes Bündnis
mit Oesterreich war stets mein Ziel und auch mein König-
licher Herr hätte, um mit Oesterreich Freundschaft und Frieden
zu erhalten, um den Preis Schleswig-Holsteins gerne eine
solche Bürgschaft geleistet. Wir saßen damals à quatre in
einem Gemache des Schönbrunner Schlosses: des österreichischen
Kaisers Majestät, mein Königlicher Herr, Graf Rechberg und
ich. Es galt das Schicksal Schleswig-Holsteins zu entscheiden,
und da erklärte Graf Rechberg, das Land könne nur dann
Preußen überlassen werden, wenn Oesterreich zur Herstellung
des Gleichgewichtes in Deutschland eine Entschädigung erhalte.
Er wies auf die Grasschaft Glatz als solche hin. Davon
aber konnte bei der Gesinnung des Königs keine Rede sein.
Oesterreich konnte nicht einmal darauf hinweisen, daß die Be-
wohner jenes Landes mit dem Tausche der Herrschaft ein-
verstanden wären. Das war nicht der Fall, vielmehr warer
Petitionen und Adressen an den König eingelaufen, in denen
er gebeten wurde, sie nicht von Preußen zu trennen. Ich
setzte damals dem Kaiser von Oesterreich auseinander, daß
ees dem Gedanken unseres Bündnisses entspräche, wenn die
Herzogtümer ohne solches Opfer Preußen zufielen. Unser
Bund, so sagte ich, sei keine Erwerbsgenossenschaft, welche
den Ertrag nach Prozenten verteilte, er gleiche vielmehr einer
Jagdgesellschaft, bei welcher jeder Teil seine Beute nach Hause
trage. Wenn wir etwa im Fortgange des Bundes gemein-
samen Krieg gegen Frankreich und Italien führen sollten
und Mailand fiele dabei mit preußischer Hilfe wieder in
Oesterreichs Hände, so würde Preußen doch nicht etwa Land-