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denn auch in die Tat umsetzte, daß es notwendig sei, mit
Oesterreich zu einer Verständigung, zu einem Bündnisse zu
gelangen. Aber erst viel später, 1879, konnte dieser Plan
zur Ausführung kommen; nur hätte ich damals gewünscht, daß
das Bündnis ein pragmatisches werde. Ich schlug dem Grafen
Andrassy vor, daß es durch die gesetzgebenden Gewalten beider
Reiche bekräftigt würde; es wäre wertvoll gewesen,
wenn die Parlamente Deutschlands und Oesterreich-Ungarns
ihre Zustimmung zum Vertrage gegeben hätten; sein Be-
stand sollte nicht von den Regierungen allein abhängig sein,
und seine Dauer wäre dadurch um so bestimmter verbürgt
gewesen. Indessen konnte ich nicht alles durchsetzen, was ich
anstrebte, und es ist schwer genug geworden, zu dem tat-
sächlich Erreichten zu gelangen. Mit dem Grafen Rechberg
hätte ich vor dem Kriege wohl zum Einverständnis kommen
können. Es war mir deshalb umlieb, als er bald nach der
Schönbrunner Zusammenkunft von seinem Posten zurücktrat.
Ich riet meinem König damals, Oesterreich ein Zugeständnis
zu machen, welches Rechberg für nötig hielt, um sich im
Amte behaupten zu können. Er wünschte, daß Preußen in
den neuen Handelsvertrag mit Oesterreich die Bestimmung
des früheren wieder aufnehme, durch welche ihm der spätere
Eintritt in den Zollverein offen gelassen wurde. Ich be-
fand mich gerade in Biarritz bei Kaiser Napoleon, während
diese Unterhandlungen schwebten, und es gelang unterdessen
meinen Kollegen, meinen alten Herrn breitzuschlagen und ihn
zu bestimmen, den Wunsch Oesterreichs abzulehnen. Es trat
mir damals der ganze Einfluß gegenüber, den man später
unter dem Namen Delbrück zusammenfaßte. Auch der da-
malige Handelsminister Graf Itzenplitz, eine Unterschriften-
maschine, arbeitete mir entgegen, ebenso Finanzminister Bodel-
schwingh, der mir stets, wo er mir etwas anhaben konnte, eims
versetzte. So wurde meine Absicht, mit Oesterreich in fried-
lichem Einverständnisse zu bleiben, vereitelt.“
Fredjung: „Aus den Depeschen, die Sie aus Frankfur!