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nach Berlin gesandt haben, geht hervor, daß Sie schon
damals den Krieg als das notwendige Mittel zur Lösung der
deutschen Frage im Auge gehabt haben.“
Bismarck: „Im allgemeinen gewiß, aber nicht hie und
da, nicht in den einzelnen Wendungen unserer Politik. Es
hieße das Wesen unserer Politik verkennen, wollte man
annehmen, ein Staatsmann könne einen weit aussehenden
Plan entwerfen, und sich als Gesetz vorschreiben, was er
in einem, zwei oder drei Jahren durchführen wolle. Es
ist richtig, daß der Gewinn Schleswig-Holsteins einen Krieg
wert war; in der Politik kann man nicht einen Plan für
lange Zeit festlegen und blind in seinem Sinne vorgehen.
Man kann sich nur im Großen die zu verfolgende Richtung
vorzeichnen; diese freilich muß man unverrückt im Auge be-
halten, aber man kennt die Straßen nicht genau, auf denen
man zu seinem Ziele gelangt. Der Staatsmann gleicht einem
Wanderer im Walde, der die Richtung seines Marsches kennt,
aber nicht den Punkt, an dem er aus dem Forste heraus-
treten wird. Ebenso wie er, muß der Staatsmann die gang-
baren Wege einschlagen, wenn er sich nicht verirren soll. Wohl
war der Krieg mit Oesterreich schwer zu vermeiden:; aber wer
das Gefühl der Verantwortlichkeit für Millionen auch nur
in geringem Maße besitzt, wird sich scheuen, einen Krieg zu
beginnen, bevor nicht alle anderen Mittel versucht sind. Es
war stets ein Fehler der Deutschen, alles erreichen zu wollen
oder nichts und sich eigensinnig auf eine bestimmte Methode
zu steifen. Ich war dagegen stets erfreut, wenn ich der Ein-
heit Deutschlands, auf welchem Wege immer, auch nur
auf drei Schritte näher kam. Ich hätte jede Lösung mit
Freuden ergriffen, welche uns ohne Krieg der Vergrößerung
Preußens und der Einheit Deutschlands zuführte. Viele Wege
führten zu meinem Ziele, ich mußte der Reihe nach einen nach
dem anderen einschlagen, den gefährlichsten zuletzt. Einförmig-
keit im Handeln war nicht meine Sache.
Das war auch der Gedanke unserer Sendung des Herrn
v. Gablenz, des Bruders des Generals, nach Wien, welche noch