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liche Gleichstellung) gesprochen und auch später ging es mir
manchmal gegen den Strich, wenn ich mich mit Juden ein-
lassen mußte. Aber der Staatsmann muß manchmal persönliche
Empfindungen und frühere Urteile wegen einer unabwendbaren
Notwendigkeit überwinden. So ist es auch mir gegangen!
Mit einem hochgebildeten Manne wie Lassalle war frei-
lich noch ein Auskommen; er verstand mich und hatte den Mut,
in der Konfliktszeit die Arbeitermassen zum Selbst= und
Klassenbewußtsein zu bringen. Lassalle war ein äußerst
fähiger Kopf, allerdings maßlos ehrgeizig und eitel. Nie-
mand kann eben aus seiner Haut hinausfahren; sein eifriger
Verkehr mit aristokratischen Kreisen, der ihn in die unan-
genehme Geschichte mit der Gräfin Hatzfeldt brachte, ent-
sprang den gleichen angeborenen jüdischen Eigenschaften, die
Sie auch an Max Kayuser, dem Satrapen des Kolonialamts,
wahrnehmen können.
Als ich Max Kaiser zum vortragenden Rat vorschlug,
war der alte Kaiser etwas ungehalten; er wollte ihn niemals
bei sich sehen. Er war ihm unsympathisch und ich muß sagen,
daß der alte Herr wie manchesmal, so auch hier, einen besseren
Instinkt hatte als ich selber. Wenn der Jude in eine hohe
Stelle aufrückt, dann erwacht bei ihm der bisher mit Not
zurückgehaltene Hochmut, jenes hochfahrende Bewusßtsein und
jener widrige Strebergeist, den schon Jesus und lange vor ihm
die Propheten so gegeißelt haben. Um seine Ehrsucht zu be-
friedigen, entsagt er aller Rücksicht und das hat auch dieser
Kayser getan; er ist mit allen Vieren in den neuen Kurs
hineingesprungen und hat den alten Kurs für trefah (unrein)
erklärt. Auch Simson soll eine Aeußerung beim Kaiser gegen
mich gemacht haben, die ich gerade von diesem ernsten Manne
nicht erwartet hätte. Aber ich kann es kaum für möglich
halten, daß auch dieser sonst vornehme und ehrliche Mann,
den ich schon im Jahre 1848 kenmen gelernt, den ich hoch-
geschätzt und ausgezeichnet, den ich zum Präsidenten des Reichs-