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Friedrichsruh, 5. Januar 1891.
Unterredung mit dem Schriftsteller Max Bewer,
betreffend Brandes, das Rembrandbuch, die Für-
sorge für den deutschen Bauern, die Konservativen.“
Bismarck: „Ihr Streit mit dem Dänen Brandes hat
mir viel Spaß gemacht, den haben Sie gründlich abgeführt;
was Sie geschrieben haben“) ist besser, als wenn Sie ihm
eine ordentliche Quart gehauen hätten.“
Bewer erwiderte, daß sein Freund Brandes im Gegenteil
triumphiere und kürzlich erst von einem deutschen Blatte
engagiert worden sei, über geistige Dinge in Deutschland zu
urteilen.
Bismarck: „Von einem deutschen Blatt?“
Bewer: „Vom „Berliner Tageblatt“.
Bismarck: „Nun, da gehört er auch hin!“
Jetzt mischte sich Graf Herbert ins Gespräch und meinte,
daß Brandes überhaupt wohl international-literarische Be-
ziehungen unterhalte. Bewer erwiderte, daß er ein Elied
genug unter den feindlichen Anstürmen gegnerischer Reden, vor
der Oeffentlichkeit gesprochen hatte und in seiner Art wohl der
erste Redner seiner Zeit gewesen ist, bei der Aufgabe, eine harm-
lose Tischrede zu halten, vom Lampenfieber ergriffen wurde. Viel-
leicht erklärt sich dies so, daß Bismarck als ein Mamn, dessen
ganzes Denken und Handeln stets nur auf ein praktisches Ziel,
auf reale Wirkung gerichtet war, jene sogenannte „Rednergabe“
nicht besaß, die in schöner Form augenblicklichen Empfindungen
(Ausdruck geben kann, zu keinem anderen Zweck, als um die
Stimmung zu heben. Handelte es sich aber um reale Dinge,
dann konnte er mit seinem Wort „hart hinter ihnen her“ sein und
die gewaltigsten Rednertriumphe feiern.
*) Entnommen der Broschüre: „Bismarck von Max Bewer,
Dresden; Druck und Verlag der Druckerei Glöß 1891.
*) Bismarck, Moltke und Goethe, eine kritische Abrechnung
mit Dr. Georg Brandes, Düsseldorf 1890. Verlag von Felir
Bergel. Preis Mk. 1.—.