Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 148 — 
vertretungen und Abordnungen der Krieger und Turnver- 
eine ausgefüllt. Ueberall weißgekleidete Jungfrauen und 
Reden über den Erbfeind, aber kein Buffet. In Kreuznach 
war ich so elend und ärgerlich, daß ich den Wagen nicht ver- 
lassen wollte. Da sah ich, daß außer einer Festjungfrau 
mit einem Blumenstrauß eine andere mit einer rechtschaffen 
großen Weinflasche und einem handlichen Becher auf dem 
Perron stand. Ich arbeitete mich auf sie zu und leerte den 
vollen Becher auf einen kräftigen Zug. Nie im Leben habe 
ich eine solche Wirkung von einem Glas Wein verspürt. Es 
rann wie neues Leben durch den Leib und ich fühlte mich 
plötzlich gesund und frisch an Geist und Körper; bis nach 
Berlin aber bedauerte ich, daß mir im Gedränge und der 
Hast der Abfahrt der Rest der köstlichen Labe entgangen 
war. Ich ließ mich dann erkundigen, was ich getrunken habe, 
und erhielt die Auskunft, es sei Schwarzhofberger gewesen. 
Seit der Zeit lasse ich ihn nicht ausgehen. Er ist es, was 
gewisse liebenswürdige Zeitungen der Farbe nach für Cognac, 
mit etwas Wasser verdünnt ausgeben.“) 
*) Die „Freisinnige Zeitung“, die damals das Gras wachsen 
hörte, schrieb in der Nr. 140 vom 18. Juni 1892: „Fürst Bismarck 
ist auch zu dem neuen Kölner Blatt, welches der frühere Redakteur 
der „Kölnischen Zeitung“ Herr Kleser redigiert, in Beziehung 
getreten. Man erkennt den Stil des Fürsten Bismarck hier ebenso 
scharf heraus, wie in den „Hamburger Nachrichten“. Heftig ver- 
wahrt Fürst Bismarck sich in einem Artikel dagegen, als ob er 
gegenüber dem Kaiser irgend etwas gut zu machen habe. Ohren- 
bläsereien hätten zu seinem Sturze geführt. Diese Ohrenbläser, 
so droht der Altreichskanzler, würden in der Geschichte ihrer 
zutreffenden Schilderung nicht entgehen, dafür sei gesorgt. Um 
das Opfer, den Anschein auf sich zu laden, als habe er Commissione 
oder omissione wider den Kaiser sich vergangen, würde Fürst 
Bismarck selbst das Reichskanzleramt nicht wieder übernehmen, 
so sehr er vielleicht überzeugt ist, daß dessen Führung unter 
seinem Nachfolger keine für das Deutsche Reich in jeder Be- 
ziehung ersprießliche gewesen ist. Noch weniger aber würde er
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.