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Kissingen, 27. Juni 1892.
Unterredung mit dem Vertreter der „Münchner
Neuesten Nachrichten" Fritz Trefz, betreffend
Caprivi und Marschall, die Handelsverträge, die
Geheimräte Huber und Jordan, Minister Boet-
ticher, das Auftreten eines bedenllichen Servilis-
mus, die Antorität des Reichstages.=
Bismarck: „Mein Nachfolger ist ein ausgezeichneter Ge-
neral, aber er sowohl wie der jetzige Chef des Auswärtigen,
der früher ein badischer Anwalt gewesen, sind ohne die nötige
Erfahrung und Sachkenntnis schnell in das Amt berufen wor-
den. In der ersten Zeit ruhte da das Ganze lediglich auf
den alten Räten, wie Rottenburg, die noch zurückgeblieben
waren. Was ich besonders schmerzlich und als Fehler be-
trachte, das sind die abgeschlossenen Handelsverträge. Nach
und nach wird sich aus ihnen eine immer größere Unzu-
friedenheit entwickeln. Nicht nur in der materiellen Ungunst
der Verträge, von den Zollsätzen ganz abgesehen, liegt der
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mit den Worten: „Hoch unser Bismarck, Otto dem Großen Heil!“
Bismarck runzelte die Brauen, „Otto dem Großen“ — das gefiel
ihhm nicht. Der Verfasser suchte zu begründen: Es sei durch-
aus nicht zuviel gesagt; wie Otto der Große die Hunnen be-
zwang, so sei unter Bismarck der Franzmann zu Boden geworfen
u#s. Darauf die Antwort: „Ach, Sie glauben wohl, daß
mir die Schmeichelei zu grob ist? O nein, da irren Sie! Mein
Grund ist ein anderer! Ich, will nicht mit einem regierenden
(Manne verglichen werden!“ Der Verfasser der Ansprache be-
griff; er schlug vor, die Stelle so zu fassen: „Hoch unser Bismarck,
dem Reichsbegründer Heil!“ Damit war denn auch Bismarck
einverstanden.
*) Den oben, bisher noch nicht veröffentlichten Teil seines
sonst bereits bekannten Kissinger Bismarck-Interviews (ef. „Fürst
Bismarck, Neue Tischgespräche und Interviews“, Bd. I, S. 380 und
Bd. II, S. 388) hat mir Herr Trefz mit dem Anheimstellen der
Veröffentlichung mitgeteilt.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band III. 11