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große Nachteil für uns, sondern vor allem auch in der Dauer
von 12 Jahren. Die Handelsverträge sind meistens von Per-
sönlichkeiten gemacht worden, die man früher kalt gestellt
hat, denen man ungefährliche Posten gegeben, die aber jetzt
in den Vordergrund getreten sind.
Ein Blick in den „Reichsanzeiger“ von früher und jetzt,
zeigt, daß eben alles geändert und gewendet worden ist.
Geheimrat Huber besitzt ja eine große Kenntnis der ein-
schlägigen Zollfragen, er aber, wie der Generalkonsul Jordan
in London, sind beide rein doktrinäre Freihändler, die alle
Konzessionen gemacht haben würden. Herr v. Boetticher mag
Umfassende Kenntnisse besitzen, er ist aber kein selbständiger
Charakter. Ich war früher der einzige, der sich ernstlich mit
handelspolitischen Dingen befaßte. Mein Sohn Herbert hat
leider nicht das Interesse hiefür gezeigt, wie für die rein
politischen Dinge.
Ich habe meinen Standpunkt hinsichtlich der Handelsver-
träge auch in Wien betont und gesagt, daß man viel zu
schnell gehandelt habe und daß die Rückwirkung nicht aus-
bleiben werde. Merkwürdig war die Gefügigkeit des Reichs-
tages, mit welcher er die Verträge in Bausch und Bogen
angenommen. Er ist, ich finde keinen anderen passenden Aus-
druck, durch das „kaudinische Joch“ gegangen. Man hat ihm
nicht einmal die Zeit gegönnt, sich in den umfangreichen
Stoff hineinzuarbeiten und die schwerwiegendsten Dinge mit
einer unglaublichen Raschheit erledigt. Die Erfolge, welche
die jetzige Regierung im Reichstag errungen, sind der Aus-
fluß einer allgemeinen Streberei und eines Herandrängens
nach oben. Es ist ein Servilismus eingerissen, der dem
Ansehen des Reichstages nur schaden kann. Ich wünsche von
ganzem Herzen, daß derselbe seinen Einfluß behält und daß
er in seinen verfassungsmäßigen Rechten, die ja genau prä-
zisiert sind, gestärkt und befestigt bleibe. Das ist für die
Weiterentwicklung unseres Staatslebens von der größten Be-
deutung, es ist das Imponderabile unseres Vaterlandes. Man