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geregt ist, verträgt man auch weniger. Als er aufstand,
schwankte er etwas. Favre sah mich mit einem langen, vör-
wurfsvollen Blicke an und sagte mit betrübtem Pathos:
Armes Frankreich, muß uns auch das noch geschehen.“
Aus den mit dem Schrifsteller Dr. Paul Liman
sonst geführten Gesprächen.“
„Daß mir Caprivi“") nachsagte, ich verstände von der Po-
litik nichts, und das auch nach dem Auslande amtlich mit-
teilte, war mir egal. Das konnte nur ihn blamieren. Aber
daß er bei der Wiener Sache in meine gesellschaftlichen Rechte
eingriff'““) — ich habe ihn zuerst fordern wollen und hatte
mir auch schon meinen Kartellträger ausgesucht. Ich habe
noch eine recht sichere Hand und hätte mich auch etwas ein-
geschossen. Aber dann überlegte ich mir die Sache und fragte
mich, was dann geschehen wird. Ich bin Offizier, man wird
die Geschichte vor ein Ehrengericht von alten Generalen brin-
gen, dann wird viel hin und her geredet, Versöhnungsversuche
werden gemacht, und allerlei nichtssagende Erklärungen ausge-
tauscht. Ihn hätte ich ja doch nicht vor die Pistole ge-
kriegt, so habe ich es denn unterlassen.“)
*) Entnommen dem Werke desselben: „Fürst Bismarck nach
seiner Entlassung“, Berlin 1906. Die oben mitgeteilten Aus-
sprüche Bismarcks ergänzen, was ich darüber bereits in meinem
Werke: „Fürst Bismarck, Neue Tischgespräche und Interviews“,
Bd. II., S. 253, 277, 321, 387, 400, 423, 445, 448, 450 und
451 mitgeteilt habe. Bedauerlicherweise fügte Liman nicht das
Datum bei, an welchem Tage jede einzelne Aeußerung fiel.
*#) A. a. O., S. 102.
*#?#) Durch die am 7. Juli 1892 im „Reichsanzeiger“ ver-
öffentlichte Depesche des Grafen v. Caprivi an den kaiserlichen
Botschafter in Wien.
f)Fürst Bismarck nahm keinen Anstand, das Verhalten
Caprivis als eine „enorme Dummheit“ zu bezeichnen und hin-
zuzufügen: „Die Erlasse bilden in Wahrheit eine Beleidigung
des Kaisers von Oesterreich, den man gesellschaftlich unter Kuratel
gestellt hat.“