— 175 —
Kaiser Friedrich.“)
„Man hat die Willenskraft des Kaisers Friedrich viel-
fach unterschätzt. Man glaubte ihn abhängig von Schürzen
und Weiberröcken. Das ist ganz falsch. Er hatte ein
hohes Bewußtsein von seiner Souveränität und die guten
Leute, die von ihm eine starke Wendung nach links erwarteten
und in ihm eine besondere Schwäche für den Konstitutionalis-
mus witterten, hätten sich arg getäuscht, wenn er länger
regiert hätte. Er war zußerlich verbindlich, aber durchaus
selbstherrlich. Ich hätte selbst gegen Weiberintriguen leicht
mit ihm regiert. — Na, Kronprinzen schillern ja immer ein
bischen liberal, das ist nun mal so, sie stehen auch immer
ein bischen in Opposition, weil sie zu wenig zu tun haben,
wenn sie nicht ganz in den Gamaschen aufgehen, aber das
schleift sich ab. Kaiser Friedrich wäre eher ein Autokrat
geworden als ein Richterscher.“
Die Raiserin Friedrich.“)
„Sie ist eine kluge Frau, aber sie ist im Grunde stets
Engländerin geblieben. Ich wünschte, Deutsche Prinzessinnen,
die sich wegverheiraten, hätten auch was davon. Daß ich
bei meiner Verabschiedung sie um ihre Vermittlung gebeten
haben soll, — gar mit Tränen — ist natürlich Schwindel.
Aber sonst standen wir recht gut miteinander, besonders in
den letzten Jahren, wenn ich sie auch oft ärgern mußte, wie
beim Battenberger. Unser Verhältnis beruhte ja nicht auf
Liebe, aber auf gegenseitiger Hochachtung. Einmal, als ick
zum Vortrag in Charlottenburg war, rückte sie mir sogar
selbst einen Sessel heran. Kaiser Friedrich hielt überhaupt
immer darauf, auf meine Bequemlichkeit Rücksicht zu nehmen.
Das wurde freilich später anders.“
*) „Leipziger Neueste Nachrichten“ vom Oktober 1898.
"*) A. a. O.