Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 177 — 
eine von Ihren Ansichten verschiedene sozialpolitische Richtung 
eingeschlagen hat, haben Sie wohl Ihre Hand davon zurück- 
gezogen. Die „Grenzboten“ betrachteten die Sozialdemokratie 
als ein notwendiges Erzeugnis des Kapitalismus und hielten 
die Emanzipationsbestrebungen des vierten Standes grund- 
sätzlich für ebenso berechtigt wie seinerzeit die des dritten.“ 
Bismarck: „Was ist sozialistisch? Wenn der Unternehmer- 
gewinn unter ein gewisses Niveau herabsinkt, dann zieht der 
Unternehmer sein Kapital eben zurück, schließt seine Fabrik 
und schneidet Coupons. Die Sozialdemokratie will den Um- 
sturz, ihre Führer fahren nun einmal auf diesem Bahnstrange 
und streben nach der Herrschaft. Wenn sie die haben, werden 
sie alles umwerfen. Wer also einen geordneten Staat will, 
der muß die Sozialdemokratie bekämpfen. Als Deichhaupt- 
mann mußte ich nach dem Satze verfahren: Wer nicht will 
mitdeichen, muß weichen. In Rom war agquae et igni 
interdictus, wer sich außerhalb der Rechtsordnung stellte, 
im Mittelalter nannte man das ächten. Man müßte die 
Sozialdemokratie ähnlich behandeln, ihr die politischen Rechte, 
das Wahlrecht nehmen. Soweit würde ich gegangen sein. 
Die sozialdemokratische Frage ist eine militärische. 
Man behandelt jetzt die Sozialdemokratie außerordent- 
lich leichtsinnig. Die Sozialdemokratie strebt jetzt — und 
mit Erfolg — danach, die Unteroffiziere zu gewinnen; die 
Führer machen es jedem Sozialdemokraten zur Pflicht zu 
bleiben, wenn er Unteroffizier werden kann. In Hamburg 
— ich kenne die dortigen Verhältnisse ganz genau — besteht 
jetzt schon ein guter Teil der Truppen aus Sozialdemokraten, 
denn die Leute dort haben das Recht, nur in die dortigen 
Bataillone einzutreten. Wie nun, wenn sich diese Truppen 
einmal weigern, auf ihre Väter und Brüder zu schießen, wie 
der Kaiser verlangt hat? Sollen wir dann die hannover- 
schen und mecklenburgischen Regimenter gegen Hamburg auf- 
bieten? Dann haben wir dort etwas wie die Kommune 
in Paris. 
v. Poschinger. „Also sprach Bismarck“, Band III. 12
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.