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Sodann wird die Militärvorlage begründet mit der angeb-
lich gesteigerten Kriegsgefahr. Ich vermag durchaus nichts
zu erkennen, was diese Gefahr jetzt dringlicher erscheinen läßt,
als im Jahre 1888. Im Gegenteil. Da kam eines Tages
ein bekannter Bonapartist zu mir und sagte: er sei ent-
schlossen, nach Bordeaux zu reisen und dort Gambetta mit
dem Revolver niederzuschießen, dann werde er an den Knopf
drücken und den Dienern befehlen: Ramassez le cochon!)
— schafft das Schwein hinaus! — und den Besitz der Re-
gierung ergreifen für den Kaiser. Er brauche nur sechs Leute,
die so dächten wie er, um unter dem ersten Schrecken die Macht
zu ergreifen. Ich glaube, daß der Mann recht hatte. Wir
ließen uns aber doch auf das Abenteuer nicht ein.
Denn jede Monarchie in Frankreich ist für den Frieden
mit Deutschland gefährlicher als die Republik. Die Mo-
narchie findet leichter Bündnisse mit den monarchischen Staaten,
namentlich mit Rußland, und besitzt an sich selbst mehr kriege-
rischen Explosionsstoff. Daß die jetzigen französischen Macht-
haber nicht an Krieg denken, verrät uns am deutlichsten die
Tatsache, daß sie den päpstlichen Segen für ihre Republik
erbeten und erhalten haben — der Papst hat uns damit
gar keinen Tort angetan! Denn das geschah doch nur, um
die inneren Gegensätze und Spannungen in Frankreich aus-
zugleichen, zu beseitigen, dem großen, lebhaften und allge-
meinen Friedensbedürfnis des französischen Volkes zu ent-
sprechen, und den Machthabern Frankreichs ein möglichst be-
quemes, friedliches Leben zu bereiten. Außerdem wissen die
Herren ganz genau, daß der erste bedeutendere Ge-
neral sie mit seiner Diktatur sofort endgültig ablösen und
hinwegfegen würde.
marck später den vermehrten Forderungen für die deutsche Wehr-
kraft zu Wasser und zu Lande in seinen Ansprachen an seine
Besucher und in den „Hamburger Nachrichten“ immer zustimmte.
*) Vergleiche zu diesem Ausdruck den Artikel der „Nation“
Nr. 25 vom 23. März 1895: Ramassez ce cochon.