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festzunageln. Ich besitze diese Urkunden natürlich nicht
einmal in Abschrift. Aber ich kann eine Fülle anderer Zeug-
nisse und Beweismittel gegen diese Verleumdung anrufen.
Frankreich war im Frühjahr 1875 so schwach, daß, als das
Kriegsgeschrei sich erhob, die französischen Generale, nach
amtlichen Versicherungen, offen erklärten, sie würden sich im
Felde gar nicht stellen, gar nicht schlagen, um die Frivolität
des deutschen Angriffs vor aller Welt zu beweisen. Ich habe
nun immer den Beginn eines Krieges, den wir, anders als
gezwungen und gedrungen, aufnähmen, für eine Ruchlosigkeit
gehalten und dieser Auffassung entsprechend auch gehandelt.
Ich habe das bewiesen 1867 bei der Luxemburger Frage,
wo ich — gegen starke Strömungen — den Krieg vermied,
in der Meinung, daß beim Tode des Kaisers Napoleon —
der damals früher erwartet wurde, als er wirklich eintrat
— der Widerstreit aller französischen Parteien an seinem
Sarge sich ein mehr oder minder freundliches Rendezvous
geben würde und uns dadurch vielleicht überhaupt den Ent-
scheidungskrieg gegen Frankreich ersparen könne.
Im Gegensatze zu dieser meiner Auffassung ging der
deutsche Generalstab, an dessen Spitze der vortreffliche Moltke,
1875 von der Ansicht aus, Frankreich wolle ja doch einmal
den Krieg, also müsse man ihm zuvorkommen, so lange es
unvorbereitet sei. Moltke und auch Radowitz –
dem ich nach der „Deutschen Revue“ meine tiefsten Geheimnisse
damals anvertraut haben soll — erklärten offen bei Tische,
daß wir Frankreich bekriegen würden. Ich dachte gar nicht
an Krieg — ich war damals von dem Kutlturkampf voll-
ständig in Anspruch genommen, der auf seiner Höhe stand
— und verlangte sehr entschieden vom König, daß er dem
Generalstab erkläre, er habe sich nicht in die Geschäfte des
Auswärtigen Amtes, nicht in die auswärtige Politik zu
mischen, und ich erreichte das, wenn auch auf Umwegen und
nach einigem Widerstreben des Königs, da der eigentliche
Uebeltäter, wie gesagt, der auch von mir hochverehrte Moltke
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“ Band III. 13