Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 195 — 
Ich ließ also den Herren sagen: wenn ihnen Gortschakow 
wieder so unzüchtige Zumutungen mache, so sollten sie ihn 
einfach an den russischen Botschafter in Berlin verweisen. 
Durch diesen allein habe mir Gortschakow Fragen vorzulegen. 
Außerdem aber sollte Radowitz dem Zaren die Freude des 
Königs und mein Empressement ausdrücken, den Kaiser 
Alexander im Mai in Berlin begrüßen zu dürfen. Auch 
für den Fürsten Gortschakow führte Radowitz eine größere 
Sauce diplomatischer Schmeichelei bei sich. 
Gortschakow war damals noch nicht mein persönlicher 
Feind, wie nach dem Berliner Kongresse, sondern nur mein 
boshafter Neider, weil ich ihm etwas über den Kopf ge- 
wachsen war. Denn ich hatte ihn — seit unserem dreijährigen 
Zusammen= oder Nebeneinanderwirken im diplomatischen 
Rollenfach in Petersburg während der Zeit meiner Peters- 
burger Gesandtschaft — daran gewöhnt, von mir als mein 
Meister in der diplomatischen Kunst verehrt zu werden. Ich 
habe auch nie versäumt, ihm zu versichern, daß ich alle 
guten Eigenschaften, die ich etwa besäße, allein ihm zu ver- 
danken hätte. Aber mit diesen Tugenden ausgerüstet, wurde 
ich ihm auf die Dauer doch ziemlich unbequem, und schon 
damals suchte er mich bei seinem Kaiser als Friedensstörer 
zu verdächtigen und sich selbst, wenn irgend möglich, als 
Friedensstifter hinzustellen und preisen zu lassen. Es war 
für ihn nicht schwer, diese Absichten auch in Berlin, mit den 
entsprechenden Verdächtigungen meiner Friedensliebe, an den 
richtigen Mann") zu bringen — bei seinem Kaiser fiel es 
ihm weit schwerer, denn der hatte bis an sein tragisches Ende 
ein unbegrenztes Zutrauen zu mir. 
  
  
*) Bismarck meinte offenbar und wollte sagen: „an die 
richtige Frau“, die Kaiserin Augusta, durch den französischen Bot- 
schafter Gontaut-Biron (vergleiche „Gedanken und Erinnerungen“, 
Bd. II, S. 172 f.). Deshalb machte er auch nach diesen Worren 
eine kurze Pause, um Blum den eigentlichen Sinn derselben erraten 
zu lassen. 
13°
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.