— 197 —
Auch bdie ungeschickten und gröblichen Noten, welche damals
von Berlin ausgingen — keine einzige dürfte meine Unter-
schrift tragen —, werden mit großem Unrecht auf meine
Rechnung gesetzt. Ich war jur deren Verfasser nicht einmal
als Chef verantwortlich, da das bekannte Stellvertretungs-
gesetz — erlassen, um mich im Kulturkampf, der meine ganze
Kraft absorbierte, zu entlasten — die Herren ziemlich selbständig
gemacht hatte. Ich für meine Person bin an höfliche Formen
von Jugend auf gewöhnt und habe sie nie verlezt..
Ich sagte schon, daß ich das Vertrauen des Zaren
Alexander des Zweiten bis an sein Lebensende in unbe-
schränktem Maße genoß, und das vornehmlich führte auch
Rußland jahrelang unerschütterlich mit den zwei anderen
Reichen, Deutschland und Oesterreich-Ungarn, zu dem Drei-
kaiserbündnis — oder Dreikaiserverhältnis, denn ein Bünd-
nis bestand eigentlich nicht — zusammen. Ich stellte den
drei hohen Herren bei ihren Zusammenkünften jedesmal mit
Erfolg vor, daß sie im monarchischen Interesse gegen die
Revolution unendlich viel mehr Gemeinsames zu verteidigen
hätten, als sie getrennt durch Einzeleroberungen gewinnen
könnten. Ich hielt diese Verbindung für eine von Natur
und aus Naturnotwendigkeit eigentlich noch festere, als den
jetzigen Dreibund, der freilich auch nur gegen den Willen
und gegen die Einsicht der politisch Urteilsfähigen in den
drei verbundenen Völkern gelöst werden könnte. Aber immerhin
ist ja leider die Befürchtung nicht ausgeschlossen, daß, wenn
Frankreich einmal mit der roten Fahne gegen Deutschland
heranrückte, es noch mehr Freunde dieser roten Fahne bei
uns finden könnte, als vor hundert Jahren bei uns Freunde
der über unsere Grenzen hereinschwebenden dreifarbigen fran-
zösischen Fahnen sich meldeten. Und was Italien anlangt,
so ist eigentlich nur Savoyen streng monarchisch gesinnt; im
Norden liebäugelt man vielfach mit dem blutsverwandten
republikanischen Frankreich, und im Süden ist man vielfach
päpstlichen Einfluß zugänglich.