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Für alles, was Phrasen erfordert, wie z. B. Thron-
reden u. dergl., war Bucher absolut nicht zu haben. Ja,
er verstand sich nicht bloß nicht auf Phrasen, er haßte sie
geradezu. Für diesen Bedarf hatten wir außer Abeken auch
Wagener, den Kreuzzeitungs-Wagener, dessen Sie sich ja aus
dem Reichstag erinnern werden.“
Blum bejahte und bemerkte, wie sehr ihn die von Hein-
rich von Poschinger herausgegebene Biographie Lothar
Buchers erfreut habe.
Bismarck: „Bucher war ganz unglücklich darüber, daß
das Buch erschienen war. Denn er wollte gar nicht, daß
das Publikum sich mit ihm beschäftige. — Ich fühle mich
sehr vereinsamt durch seinen Tod. Meine Freunde, die es
wirklich waren, gehen, einer nach dem anderen, mir voraus
in den Tod, und diejenigen, die meine Freunde zu sein be-
haupteten, wenden sich ab von mir!
Sehen Sie die Quelle da unten? Sie ist auch bei größter
Hitze nicht wärmer als fünf Grad Reaumur. Und wenn
alle Brunnen der Gegend vor Trockenheit versiegt waren,
gab diese Quelle immer noch reichlich Wasser, und die Leute
kamen von weither und füllten ihre Krüge hier. Da ließ
ich denn an diesem Wasserlauf im Dorfe und weiterhin auf
meine Kosten Brunnen bauen. — Die Meinigen behandelten
Bucher natürlich immer mit größter Freundlichkeit und Rück-
sicht. Er hatte aber seine unversöhnlichen Gegner in der
zopfigen Bureaukratie unserer Ministerien. Da war vor
allem im Ministerium des Innern ein Geheimer Rat') ein
stöckerbeiniger Gesell, der Bucher grimmig haßte und ihm
alles mögliche Herzeleid antat. Der Mann war so kon-
servativ, daß er sich im Wandel aller Ministerien selbst zu
konservieren verstanden hatte. Und er war so reaktionär,
daß er mir sagte: Nein, Herr Ministerpräsident, so eine
) Bismarck nannte den Namen. Blum vergaß ihn; offenbar
gemeint ist wohl der Geh. Regierungrat v. Lebbien.