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ration“ zu unterhandeln, d. h. zu dem Zwecke, in meinen Mei-
nungsverschiedenheiten mit dem Kaiser die Unterstützung des
Zentrums zu gewinnen.
Sofort nach Empfang jener Meldung sandte der Kaiser
den Chef seines Zivilkabinetts, Lucanus, an mich ab mit dem
Gebot: Seine Moajestät fordere von mir, daß ich ihm zuvor
Meldung mache, wenn ich mit Abgeordneten politische Ge-
spräche führen wolle. Ich entgegnete etwa: Ich bitte,
Seiner Majestät auszusprechen, daß ich niemanden über meine
Schwelle verfügen lasse.
Darauf erschien der Kaiser selbst am 15. März früh bei
mir, als ich noch im Bette lag, und verlangte mich sofort zu
sprechen. Ich kleidete mich rasch an und trat meinem Herrn
gegenüber. Erregt fragte er mich, was die Unterhandlung
mit Windthorst zu bedeuten habe. Ich entgegnete: daß nicht
Unterhandlungen, sondern vertrauliche persönliche Mussprachen
stattgefunden hätten. Darauf betonte der Kaiser sein Recht.
rechtzeitig von den Verhandlungen seines Kanzlers mit
Parteiführern in Kenntnis gesetzt zu werden. Diesen An-
spruch wies ich mit der Erklärung zurück: Ich lasse meinen
Verkehr mit Abgeordneten keiner Aufsicht unterwerfen und
über meine Schwelle niemanden gebieten.
Auch nicht, wenn ich es Ihnen als Souverän befehle?
rief der Kaiser in großer Erregung.
Auch dann nicht, Majestät, erwiderte ich. Der Befehl
meines Kaisers endet am Salon meiner Frau. Dam fügte
ich noch hinzu: nur infolge meines Versprechens an Kaiser
Wilhelm I., einst Dessen Enkel zu dienen, sei ich im Amte
geblieben. Wenn ich indes Seiner Majestät unbequem würde,
sei ich gern bereit, mich zurückzuziehen.
Am Frühmorgen des 17. März erschien demnächst General
von Hahnke bei mir mit dem Auftrag: der Kaiser erwarte
mein Entlassungsgesuch und sei bereit, mich zu diesem Be-
hufe nachmittags 2 Uhr zu empfangen. Da der General