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Jahren mühsam erworben hatte — in solchem Maße wie
ich. Es gab auch damals schon auf dem Gebiete der aus-
wärtigen Politik — sagen wir autokratische Mißgriffe —
die, namentlich in unserm Verhältnis zu Rußland, geradezu
alle Erfolge in Frage stellten, die unsere Politik seit Jahr-
zehnten erlangt hatte.““) Sie können also der Vermutung
Ausdruck geben, daß mein sogenanntes Entlassungsgesuch im
Gegenteil eine sehr nachdrückliche Begründung der Notwendig-
keit meines ferneren Verbleibens im Amte enthalten habe, und
daß ich — angesichts einer verhängnisvollen Wendung der
deutschen Geschichte, falls anders entschieden wurde — wohl
auch mit aller der Kraft an Erfahrung und Beredsamkeit, die
ich etwa besitze, meine Ueberzeugung begründet haben werde.
Am 20. März war diese Denkschrift in der Reinschrift
vollendet. Ich sandte sie an den Kaiser. Er konnte das
sehr umfangreiche Aktenstück kaum ganz gelesen haben — es
ist gar nicht seine Art —, als die Chefs des kaiserlichen Zivil-
und Militärkabinetts, Lucanus und Hahnke, mir bereits meine
Entlassung brachten, in einem offenbar schon vor Eingang
meines Entlassungsgesuches — meiner kontradiktorischen Denk-
schrift — fertig gemachten und bereit gehaltenen kaiserlichen
Handschreiben, das meine umfängliche Denkschrift gar nicht
tangierte, da es mir die Entlassung mit Rücksicht auf meine
Gesundheit erteilte, die ich doch in meiner Denkschrift nur
in dem Sinne berührt und erwähnt hatte, daß sie mich nicht
zu meinem Rücktritt nötige!“
Friedrichsruh, 1. bis 5. Mai 1893. Zu Besuch Moritz
Busch.“)
*) Bismarck gab hierüber Blum unter dem Siegel der Ver-
schwiegenheit nähere Einzelnheiten.
"“) Ueber Zwiegespräche, die Bismarck mit Busch führte,
ist in den Tagebuchblättern derselben Bd. III, S. 332—340 fast
nichts verzeichnet. (Nur Tischgespräche — darüber an einem