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Denn in Kissingen bin ich auf Schritt und Tritt begleitet und
jeder glaubte, das Recht zu haben, mich anzusprechen.“
In seinen Auslassungen war Bismarck weniger ruhig und
bitterer als im Mai 1890. Er beschwerte sich über seine Boykottie-
rung. „Meine früheren besten Freunde wenden sich von mir ab
und meiden mich.“ Besonders gereizt sprach er über die Vor-
kommnisse bei seinem Besuch in Wien im Juni 1892. „Obwohl
ich mich ganz korrekt durch den Deutschen Botschafter habe
anmelden lassen, bin ich für den Wiener Hof nicht vorhanden
gewesen. Graf Kalnoky hat mir Näheres mitgeteilt. Ich
habe den Gedanken gehabt, Caprivi, der die bekannten Erlasse
unterzeichnet hat, zu fordern, bin aber davon wieder abge-
kommen. Seitdem habe ich aber auch auf Caprivi keine
Rücksicht mehr genommen. Derselbe ist in Europa unge-
kannt und hat deshalb nicht das nötige Vertrauen. Seine
Polenpolitik gefährdet unsere Beziehungen zu Rußland, wo
die Begünstigung der Polen halb als Drohung, halb als
Beleidigung empfunden wird. Auch weiß ich nicht, ob ein
schützender Vertrag mit Rußland, der zur Zeit meiner Ent-
lassung abgelaufen"), erneuert worden ist.“ Der Hauptvor-
wurf, den Bismarck der Amtsführung Caprivis machte, war,
daß er nicht die gebotene Fühlung unterhalte mit dem
Preußischen Staatsministerium, in dem fachkundige und her-
vorragende Männer säßen, wie Miauel, vielleicht unser erster
parlamentarischer Redner, an dem er nur aussetze, daß er
nicht vom Leder ziehe und die Zurücksetzung des Preußischen
Staatsministeriums und des Preußischen Finanzministers sich
gefallen lasse.
Bei seinen Bemerkungen über die innere Lage betonte
Bismarck wiederholt, daß „ein tüchtiger Ruck nach links“ ein-
getreten sei. Er hob die Notwendigkeit hervor, daß alle
berufenen Faktoren, Bundesrat, Reichstag, Landtage, das
) Gemeint ist der erst später bekannt gewordene deutsch-
russische Geheimvertrag.