—8 —
hob er hervor, wie persönlich nahe ihm die Krankheit des
Kaisers gehe. Schurz fand Bismarck gealtert. „Ja, ja, mein
lieber Herr Schurz, die Jahre vor Siebzig sind denn doch
die besten! Nachdem die Unterhaltung zwei Stunden lang
gewährt hatte, führte er seinen Gast in den Park und setzte
dort im Auf= und Abgehen das begonnene Gespräch fast eine
Stunde lang fort. Er nahm jetzt Anlaß, sich von Schurz in
kurzen Umrissen die Hauptmomente des politischen Lebens in
den Vereinigten Staaten darlegen zu lassen, welche Deutsch-
land rückwirkend in besonders naher Weise berührten: die
Silberfrage und die Frage der Reform der amerikanischen
Zollpolitik. Schurz fand, daß der Kanzler in beiden An-
gelegenheiten außerordentlich au fait sei und Letzterer machte
kein Hehl daraus, daß er den sich entwickelnden Phasen derselben
die vollste Aufmerksamkeit widme. Im Laufe des Gesprächs
bemerkte Bismarck apercu-artig: „Bei Euch da drüben mag
ja die republikanische Regierungsform ihre Berechtigung
haben, für uns aber ist eine kräftige, zielbewußte, honette,
liberale Monarchie, — was wir hier unter liberal verstehen
— noch immer vorzuziehen.“
Schurz war schon im Weggehen begriffen, als Bismarck ihm
noch einmal zurief: „Ich rechne sicher darauf, Sie im Juni noch-
mals zu sehen — nicht wahr, Herr Schurz?“
Charlottenburg, Mai 1888.
Unterredung mit dem Kaiser Friedrich über die
Verlängerung der Legislaturperioden.
Bismarck: „Eure Majestät scheinen noch immer Bedenken
zu tragen, Ihre Unterschrift unter die Gesetze zu setzen, welche
die Verlängerung der Legislaturperiode von drei auf fünf
Jahre im Reiche und in Preußen bezwecken. Im Reich ist der
*) Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen“, Bd. II,
Bd. 306.