Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 285 — 
stellen und bemühte sich, mit denjenigen chinesischen Staats- 
mämern, die etwas französisch und englisch sprachen, die 
Unterhaltung ohne Dolmetsch fortzusetzen. Unter den euro- 
päischen Herren der Begleitung befand sich auch der Maler 
Lukas Cranach, bei dessen Vorstellung Bismarck ausrief: 
„Lukas Cranach? Ein stolzer Name, aber er legt auch große 
Ppflichten auf!“ 
Li: „Ich bin hergekommen, um Eurer Durchlaucht Rat 
in einer Frage zu erbitten. Welch ein Mittel gibt es, um China 
wieder zum Gedeihen zu verhelfen?“ 
Bismarck: „Der Gegenstand liegt mir leider so fern; 
ich habe mich um die politischen Verhältnisse Ihres Landes 
für gewöhnlich nicht kümmern können, und wage daher nicht 
hierüber zu urteilen.“ 
Li: „Aber gibt es keinen allgemeinen politischen Grund- 
satz?“ 
Bismarck: „Eine Armee bilden und damit die Staats- 
gewalt herstellen; ein anderes Mittel außer diesem gibt es 
nicht. Es braucht nicht eine besonders zahlreiche Armee zu 
sein; ihre Anzahl braucht 50.000 Mann nicht zu übersteigen. 
Aber die Leute müssen jung sein und Mut und Disziplin haben;: 
dann wird es, denke ich, keinen Widerstand mehr geben.“ 
Li: „Mangel an Menschen drückt China nicht, auch nicht 
Mangel an Lehrern oder an militärischen Wissenschaften. 
Dreißig Jahre hindurch habe ich mich gemüht, die Schwachen 
stark zu machen und nun stehe ich in tiefer Beschämung. In 
den fünf Erdteilen gleicht keine Armee der deutschen. Wenn 
ich dereinst nach China zurückkehre, so soll die neue Armee nach 
deutschem Muster gebildet werden. Aber was die Lehr- 
meister derselben betrifft, so müssen wir uns auf Deutschland 
verlassen.“ 
Bismarck: „Nach Bildung einer Armee wird sich der 
Fortschritt schon zeigen. Eine solche Reichsarmee braucht nicht 
an verschiedenen Orten zerstreut zu sein; sie soll vielmehr in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.