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sehen ja jetzt schon die Wirkungen; ich glaube, wir können
damit zufrieden sein.“
Auf die Frage, warum der Vertrag im Jahre 1890 nicht
verlängert worden sei, erwiderte Bismarck: „Es waren eng—
lische Einflüsse im Spiele, die sich damals sehr geschickt geltend
machten. Diese englischen Bemühungen wurden besonders
dringend in dem Augenblick, da der Kaiser persönliche Ent-
täuschungen von russischer Seite erlebt hatte. Nach den Ein-
drücken von Breslau und nach den französischen Festen war
vielleicht bei uns eine gewisse Depression vorhanden, die uns
günstig für England disponierte. Jedenfalls ist England klug
genug gewesen, die Stimmung auszunützen. Aber wir haben
doch wirklich kein Interesse daran, den englischen Ballast auf
unsere Schultern zu laden. Darum brauchen die Engländer
uns.“
Bismarck kam dann auf seine Besorgnisse zu sprechen,
daß von London aus verstärkte Werbungen um Deutschland
im Gange seien, und betonte, daß er Anhaltspunkte für diese
Vermutungen habe. Im weiteren Verlaufe der Unterhaltung
wollte er es nicht gelten lassen, daß immer von den „Ent-
hüllungen“ gesprochen werde. Man könne doch wirklich im
vorliegenden Falle dieses Wort nicht in Anwendung bringen.
Der materielle Inhalt des Neutralitäts-Vertrages sei längst
ein Stück öffentlichen Rechts. Man wußte, daß Graf Caprivi
den Draht nach Petersburg abgerissen, trotz der russischen An-
gebote. „Zu mir selbst kam anfangs 1890 Graf Schuwalow
und brachte mir den neuen Vertrag. Da trat der Konflikt
ein. Ich bat den Kaiser, er möge mich als Minister des Aus-
wärtigen behalten, bis die Vertragssache geordnet und die
Verlängerung des Abkommens erledigt sei. Ich fürchtete,
daß der englische Einfluß siegen werde, und da man mich
zum Rücktritte drängte, habe ich in meinem Entlassungsgesuche
natürlich auch von dem Neutralitätsvertrag mit Rußland