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den eigenen Schultern abzuwälzen und sie dem gutmütigen
deutschen Freunde aufzubürden. Aeußerungen wie die, die
Unterstützung Deutschlands sei zu platonisch, zu wenig praktisch
gewesen, sind in jener Zeit und zu diesem Zwecke in den höchsten
russischen Kreisen zu vernehmen gewesen. Deutschland hat
natürlich keine Neigung gezeigt, die Irrtümer der Russen
auf sich zu nehmen, und deshalb hat man in Rußland plötz-
lich die Tonart gegen Deutschland geändert, um auf diese
Weise den nationalen Unmut über die mangelhaften eigenen
Erfolge auf Deutschland abzulenken. Die Russen sahen später
sehr bald ein, daß sie auf diesem Wege nicht weiter kämen,
und das gestörte Einvernehmen hat allmählig einer besseren
Stimmung Platz gemacht, so daß es in Skierniewice zu der
bekannten neuen Verständigung unter den drei Kaisermächten
gekommen ist.“)
Friedrichsruh, 1. April 1897.
Gespräche beim Betrachten der Geburtstags-
geschenke.“
Bismarck, gut aufgelegt, hatte für jeden Gegenstand ein
paar Worte, die sein Interesse bezeugten, und als ihm Graf
Herbert aus dem Nebenzimmer ein paar große Salzfässer
holte, mit dem Bemerken, daß es Geschenke seiner Schwieger-
tochter Marguerite seien, erging er sich in behaglichem Vor-
*) Die „Tägliche Rundschau“ behauptete Ende März 1897
in der Lage zu sein, Bismarcks Ansichten über die Flottenfrage in
zuverlässiger Weise mitteilen zu können. Danach bedauerte er das
Ablehnen der Marineforderungen, ohne über diesen Beschluß des
Reichstags in Verwunderung zu geraten. Alle Zeitungen waren der
Ansicht, daß der Artikel die Ansichten Bismarcks wiedergab; cfk.5
„Berliner Tageblatt“ Nr. 165 vom 31. März 1897; „Leipziger
Neueste Nachrichten“ Nr. 92 vom 2. April 1897.
"*) „Hamburger Nachrichten“ Nr. 78 vom 2. April 1897.
M. A. Penzler a. a. O., Bd. VII, S. 276f.