Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 312 — 
Mit dem Briefgeheimnis war es, als ich noch Gesandter 
am Bundestag war, eine eigene Sache. Ich habe meinen aus- 
ländischen Kollegen, wenn sie mir Briefe zur Mitbestellung 
durch den preußischen Kurier übergeben wollten, direkt ab- 
geraten, es zu tun, da ich nur, wenn ich persönlich mit 
den Briefschaften reiste, die nötige Garantie übernehmen 
könnte. In anderen Ländern ist es noch schlimmer gewesen, 
namentlich auch in Oesterreich. Ein österreichischer Minister, 
dem gegenüber ich mich einmal über die ersichtliche Verletzung 
eines Briefes beschwerte, antwortete mir mit Bezug auf den 
betreffenden Beamten, dem die Schuld dabei zugefallen war: 
J. den ungeschickten Kerl müssen wir doch gleich fortjagen. 
In Rußland war, früher wenigstens, die Oeffnung gewisser 
Briefe, bevor sie an den Adressaten gelangten, ganz selbst- 
verständlich. Kaiser Alexander II. hat sich gelegentlich darüber 
beklagt, daß seine Vettern in Deutschland in ihren Korre- 
spondenzen nach Rußland so viel Ungünstiges über ihn 
schrieben, und dann hinzugefügt: Damit ich es ja ganz gewiß 
erfahre, schicken sie ihre Briefe sogar durch die Post. 
Auf die Russen im Allgemeinen zu sprechen kommend, auf 
ihre nationalen Eigentümlichkeiten, ihre Schwächen und ihre 
der Wahrheit in direktem Widerspruche. Kein Führer der kon- 
servativen Partei wird namhaft gemacht werden können, auf 
welchen die vorstehende Charakterisierung auch nur in einem 
Punkte zuträfe. Schon die Fruktifizierung der dem entschlafenen. 
Parteiführer v. Rauchhaupt tendenziöserweise zugeschriebenen, in- 
zwischen aber selbst von gegnerischer Seite in Abrede gestellten 
Aeußerung „man wolle doch nicht ewig Landrat bleiben“ beweist 
uns, daß Fürst Bismarck die von der Wiener „Neuen Freien 
Presse“ veröffentlichten Auslassungen über die Konservativen nicht 
getan haben kann. Mit der Verwendung derartiger apokrypher 
Plaudereien zum Zwecke, die konservative Partei zu verdächtigen, 
wird man im gegnerischen Lager kein Glück haben. Man kann 
doch nicht zu gleicher Zeit „Frondeur“ und „Streber“ sein — 
als „Frondeure“ aber werden heute noch bei passenden Gelegen- 
heiten die konservativen Führer in den gegnerischen Blättern be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.