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würdigsten Seite. Meine Frau konnte sein heiteres, natür-
liches, bescheidenes Wesen gar nicht genug rühmen.“
Bismarcks Stellung im Kronrat
vom 27. Mai 1889.-)
„Soll ich im Kronrat vielleicht den Obersten der Eunuchen
spielen? Dann hätte die eschichte doch wirklich keinen
Zweck und es wäre nur schade um die verlorene Zeit. Ehre
und Reputation kann ich dem Allerhöchsten Dienst nicht
opfern.“
Der Besuch des Großherzogs von Baden bei
Bismarck am 24. März 1890.
„Daß ich in diesen Tagen nicht besonders gut aufge-
legt war, ist am Ende begreiflich. Ich hatte ja nicht er-
wartet, nach dreißig ministeriellen Dienstjahren an die Luft
gesetzt zu werden. Und ich wußte, daß der Großherzog
dem jungen Herrn mehr als einmal geraten hatte, sich von
mir zu trennen. Wenn er mirs offen gesagt hätte, wäre
man, unter alten Leuten, vielleicht zu einer Verständigung
gekommen. Er hielt sich aber für verpflichtet, mir eine huld-
volle Miene zu zeigen; noch, als hinter meinem Rücken längst
alles abgemacht war. Auch die Visite hatte ich wohl als
einen letzten Gnadenbeweis anzusehen. Mir wäre, rebus sic
stantibus, die Begegnung mit einem deklarierten Feind weniger
peinlich gewesen. Daß ich auf die gemeinsame Arbeit hin
angesprochen wurde, nahmen die Nerven auch einigermaßen
krumm. Die patriotischen Verdienste des hohen Herrn in
Ehren: aber zu gleichen Teilen hatten wir die Geschäfts-
sachen doch wohl nicht erledigt. Und als ich dann den Aus-
druck des Bedauerns über die vorzeitige Trennung zu hören
*) In dem es zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen
Kaiser Wilhelm II. und Bismarck in Betreff des taktischen Vor-
gehens beim Streik der Kohlenarbeiter kam.