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wart nicht mehr, weil die wirtschaftlichen unverhältnismäßig
gegen die politischen in den Vordergrund getreten sind.
In der geplanten Flottenvermehrung ein für die Oeffent-
lichkeit bestimmtes Urteil abzugeben, lehne ich ab. Zugeben
will ich, daß wir mehr Kreuzer brauchen, als wir jetzt haben,
und daß die unbrauchbar gewordenen älteren Schlachtschiffe
ersetzt werden müssen, um den Aufgaben zu genügen, die der
deutschen Marine gestellt sind. Wenn höheren Orts eine
darüber hinausgehende Vermehrung der Flotte angestrebt
wird, so wird man abzuwarten haben, wann und wie die
betreffenden Forderungen gestellt werden. Man muß nicht
das Uebermorgen vor dem Morgen behandeln, sondern zunächst
einmal den dringenden Bedarf befriedigen, ohne die Dar-
leiher oder Steuerzahler mit der Androhung weiterer For-
derungen zu ängstigen. Qui trop embrasse, mal étraint;
Eins nach dem Andern. Wir müssen so viel Schiffe haben,
daß wir jederzeit in der Lage sind, ohne in Verlegenheit zu
geraten, welche davon irgendwo hinzuschicken, wo sie grade
gebraucht werden.“
Bezüglich der seinerzeit geplant gewesenen Errichtung eimer
elsaß-lothringischen Regentschaft unter dem Kronprinzen Fried-
rich Wilhelm äußerte Bismarck: „Es ist vollständig unrichtig,
daß der damalige Kronprinz gegen die Ausführung dieser
Idee gewesen ist. Er ging vielmehr auf den von mir ange-
regten Gedanken mit Liebe ein, und die Sache würde wahr-
scheinlich ihre Verwirklichung gefunden haben, wenn nicht
Kaiser Wilhelm mit Bestimmtheit dagegen gewesen wäre,
weil er in seinem hohen Alter wünschte, den Kronprinzen
in seiner Nähe in Berlin zu behalten. Wie er gelegentlich
äußerte, überschritt die Abwesenheit seines Nachfolgers von
Berlin ohnehin schon das Maß dessen, was er als Familien-
Teil (bis einschließlich Flottenfrage) in Penzler a. a. O., Bd. VII,
S. 385, abgedruckt.