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und Podagra, alle meine alten Freunde haben sich jetzt bei
mir zusammengefunden; ich lebe zu lange, das ist meine
Krankheit.“
Nach Tisch begab sich die Gesellschaft in den Nebensalon,
um den Kaffee einzunehmen. Bismarck wurde im Rollstuhl
an den gewohnten Platz geschoben, wo schon ein Stoß Zei—
tungen und einige eingegangene Postsachen seiner warteten.
Kohl fügte den letzteren ein Schreiben bei, das er kurz zuvor
vom Großherzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar er-
halten hatte und das im Anschluß an seine Bismarck-Publi-
kationen ein freundliches Urteil über den Fürsten und seine
staatsmännischen Leistungen enthielt. Bismarck las das
Schreiben und knüpfte daran einen Dank für den edlen deut-
schen Fürsten, der ihm auch in den Zeiten kaiserlicher Un-
gnade allzeit ein treuer Freund geblieben sei. „Der Groß-
herzog von Sachsen und Ihr hoher Herr, König Albert, sind
nie an mir irre geworden“. Dann griff er zur Pfeife und
zu den Zeitungen. Kohl setzte sich mit den Gräfinnen Rantzau
und Eickstedt zu einem Skat nieder, Frau v. Batocki sah
strickend zu, Graf Rantzau las in einem Buche; es war an
diesem Abende nicht anders als sonst. Im Laufe des
Skatspieles legte Bismarck auf einmal Pfeife und Zeitungen
zur Seite, um sich der Neigung zum Schlafen hinzugeben.
Kohl machte die Gräfin Rantzau leise darauf aufmerksam,
doch bedeutete sie ihm, in der gewohnten, halblauten Unter-
haltung fortzufahren, da ihr Vater in den letzten Wochen
jeden Abend ein wenig zu nicken pflege und durch ungewohnte
Stille in seiner Ruhe gestört werden würde. Nach einem
Viertelstündchen aus dem Halbschlummer erwachend, nahm
Bismarck die zweite Pfeife zur Hand, grisf wieder zu den
Zeitungen und vertiefte sich aufs neue in die Lektüre. Nach
einiger Zeit wiederholte sich derselbe Vorgang: er legte
Pfeife und Zeitungen weg, nickte abermals ein und schlief ein
Viertelstündchen . Wieder erwacht, nahm er die dritte Pfeife,