— 31 —
Reichs= und Staatsinteresse liegende Gestaltung der Partei-
verhältnisse möglich ist.“
Helldorf sprach seine Zustimmung dazu aus, und suchte
Bismarck davon zu überzeugen, daß es die beste Politik
sein würde, durch die deutschkonservativen Stimmen das So-
zialistengesetz auf Grund der Streichung des Ausweisungs-
paragraphen ablehnen zu lassen, weil der mutmaßlich dann
mit erneuter Kraft erwachende Uebermut der Sozialdemokratie
in kürzester Zeit zur Vorlage eines weit wirksameren Sozia-
listengesetzes mit Notwendigkeit führen werde. Er stellte Bis-
marck die Alternative, entweder durch eine feierliche Erklärung
im Reichstage vor den zu erwartenden Kommissionsbeschlüssen
zu kapitulieren oder die Ablehnung des Gesetzes gewärtigen
zu müssen, für dessen Annahme seine Partei nur zu haben
sein werde, wenn vor der entscheidenden Abstimmung eine
solche offizielle Erklärung erfolge.)
Während des Frühstücks und der Fahrt fortgesetzt politische Ge-
spräche, wesentlich auch das Sozialistengesetz betreffend. Ich be-
sprach eingehend die Lage der Verhandlungen in der Kommission
und deren Rückwirkung auf die parlamentarische Lage und die
Stellung der Parteien. Das Gespräch wurde nach der Rückkehr
von denr Fahrt zwischen mir und dem Fürsten allein fortgesetzt,
indem dieser mich in sein Arbeitszimmer rufen ließ.“
*) Helldorfs Darstellung a. a. O. ist abweichend: „Ich
sprach mein Bedauern aus, daß man bei der jetzigen Vorlage
des Sozialistengesetzes den Fehler begangen habe, es stark ab-
Ammildern, anstatt nur die Befristung zu streichen und das Ab-
handeln des Reichstags abzuwarten. Der Kanzler mußte dies
zugebem und tat dabei die Aeußerung, „da haben mich die Mit-
nister salsch beraten.“ Während der Diskussion war eine gewisse
Verstimmung sseinerseits gegen die Nationalliberalen hie und da
fühlbar. Als der Kanzler mit mir allein war, fragte er, ob
ich es für nötig halte, daß er jetzt nach Berlin komme. Jch
habe ihm darauf geantwortet, daß ich bei der jetzigen parla-
mentarischen Lage ein Eingreifen seinerseits durch persönliches
Auftreten in Berlin nicht für notwendig hielte. Frgend welche
vositive Vorschläge über die weitere Behandlung der Frage des