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in Frieden von Bismarck scheiden und gehe mit dem Ruf,
in den auch der Fürst einstimmen werde: „Es lebe der Kaiser
und das Reich!“
Berlin, 27. März 1890.
Unterredung mit dem Statthalter Fürsten Hohen-
lohe-Schillingsfürst, betreffend die Gründe von
Bismarcks Rücktritt; keine Rückkehr zu den Ge-
schäften.“
Hohenlohe: „Das Ereignis (scil. Bismarcks Entlassung)
ist mir sehr unerwartet gekommen.“
Bismarck: „Mir auch, denn vor drei Wochen habe ich
noch nicht gedacht, daß es so endigen würde. Uebrigens mußte
ich es erwarten, denn der Kaiser will nun einmal allein regieren“.
Bismarck erwähnte dann die einzelnen Streitpunkte zwischen
ihm und dem Kaiser, das Arbeiterschutzgesetz, das der Kaiser
wolle, und das doch nur ein Arbeiterzwangsgesetz sei, und
kam auf die Frage der Ministerpräsidentschaft zu sprechen,
indem er als unzulässig bezeichnete, daß jeder Minister für
sich und ohne den Ministerrat oder den Präsidenten zu fragen,
mit dem Kaiser verhandle. Gegen Verdy äußerte er Miß-
trauen, und gegen die Minister war er gereizt, weil sie
ihn im Stich gelassen hätten, weil sie mehr den Kaiser als
ihn fürchteten. Dabei sei seine Autorität nicht zu erhalten
gewesen. Auch den Großherzog von Baden nannte er unter
seinen Gegnern.
Hohenlohe: „Es ist wohl denkbar, daß der Kaiser Sie über
kurz oder lang bitten wird, zurückzukommen.“
Bismarck: „Dafür würde ich danken; ich möchte die letzten
drei Wochen nicht noch einmal durchmachen. Hier werden
Sie mich nicht mehr wiedersehen; wenn Sie mich aber in
*) Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst,
Bd. II, S. 465 f.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“ Band lll. 5