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Bismarck: Treubruch werfe ich Ihnen auch nicht vor,
aber Sie haben mich im Kampfe mit dem Kaiser nicht so
unterstützt, wie ich das von Ihnen erwarten durfte !“)
Berlin, 29. März 1890.
Abschied von seinem Depeschenreiter.“
In der Stunde des Abschieds von dem unter der Be-
zeichnung „der schwarze Reiter“ bekannten Polizeiwachtmeister
Lewerström gedachte Bismarck der Zeit, da sie sich zuerst
begegnet, und der Fürst lenkte das Gespräch auf Versailles
und das dortige Schloß. Dabei fragte er Lewerström, ob
er jetzt nach 20 Jahren, in dem „Potsdam von Paris“ sich
wieder zurecht finden würde, und als Lewerström dies be-
jahte, meinte Bismarck: „Auch mir ist noch alles gegenwärtig
und so sehe ich im Geiste noch ganz genau das Zimmer, in
welchem Sie mir damals Ihre erste dienstliche Meldung ge-
macht haben. Nun aber heißt es „Abschiednehmen.“ Der
Fürst dankte Lewerström für seine treuen Dienste und über-
reichte ihm einen silbernen Pokal aus getriebener Arbeit
und innen vergoldet. „Als Zeichen meines Dankes und daß
Sie mich nicht vergessen.“ Lewerström war so überrascht und
so überwältigt von der ganzen Situation, daß er, keines
Wortes fähig, laut zu schluchzen begann. Biesmarck wehrte
auch der eigenen Rührung nicht, als er dem alten Diener
zum letzten Druck die Hand reichte.
Spandau, 29. März 1890.
Gespräche auf der Durchfahrt.““
Auf dem Bahnhofe in Spandau wurden Bismarck be-
geisterte Kundgebungen der Liebe und Verehrung zu Teil.
) Bismarcd blieb unversöhnt. Als ein Freund Boettichers
ihm später zuredete, er möge sich von seinem unbegründeten Ver-
dacht lossagen, bemerkte Bismarck: „Wenn ich zu Boetticher wieder
in ein freundschaftliches Verhältnis treten wollte, müßte ich mich
vorher von meiner Frau scheiden lassen.“
*“) „Tägliche Rundschau“ Nr. 77 vom 1. April 1890.
*) „Tägliche Rundschau“ Nr. 77 vom 1. April 1890.