Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gerichtsherr. 
Recht 10 1371; Mayer Recht 10 99 und 
Erört aus der militärstrafrechtl Theorie 
und Praxis 11, 12. 
Die Zuständigkeit eines Gh bezüglich 
der Person des Täters wandelt sich mit 
den Veränderungen, die sich in der per- 
sönlichen Dienststellung des Beschuldig- 
ten vollziehen (z. B. durch Versetzung in 
einen anderen Befehlsbereich), sie bleibt 
trotz solcher Veränderung bestehen, wenn 
die Anklage bereits erhoben, d.h. dem Be- 
schuldigten bekannt gemacht, wenn die 
Strafverfügung zugestellt ist, MC 258, 
350. Werden Personen verfolgt, die in 
keinem militärischen Verhältnisse mehr 
stehen, aber doch noch der Militärstrafge- 
richtsbarkeit unterliegen, so wird die Zu- 
ständigkeit des Divisionskommandeurs 
begründet, in dessen Bezirk die betref- 
fende Person sich befindet oder die Tat 
begangen hat. In Berlin und in 
Festungen tritt die Zuständigkeit des 
Gouverneurs oder Kommandanten, im 
Bereiche der heimischen Marinestationen 
die der Chefs dieser Stationen ein, MC 
30 Abs 1. Konkurrieren mehrere Gh hin- 
sichtlich der Zuständigkeit miteinander, 
so gebührt demjenigen der Vorzug, wel- 
cher den Täter verhaftet oder zuerst das 
Ermittelungsverfahren angeordnet hat, 
MC 30 Abs 2. Besteht subjektiver Zusam- 
menhang, indem eine Person eine der 
höheren und eine der niederen Gerichts- 
barkeit unterliegende strafbare Handlung 
begangen hat, so kann der Gh der höhe- 
ren Gerichtsbarkeit die ganze Strafver- 
folgung an sich ziehen, MC 32. Hat eine 
Person mehrere strafbare Handlungen 
verübt, bezüglich deren Verfolgung meh- 
rere gleichgeordnete Gh in Konkurrenz 
treten (z. B. der Festungskommandant 
wegen einer im Garnisonnachtdienst be- 
gangenen, der Divisionskommandeur we- 
gen einer anderen Straftat), so steht die 
Strafverfolgung demjenigen Gh zu, wel- 
cher für die mit besonderer Strafe be- 
drohte Tat zuständig ist. Bei sich gleich- 
stehenden Strafandrohungen haben die 
dem Beschuldigten vorgesetzten Gh den 
Vorzug, MC 33. Kommen bei einer Straf- 
tat mehrere Personen als Täter, Teilneh- 
mer, Begünstiger oder Hehler in Frage 
(sog objektiver Zusammenhang), die 
unter der Gerichtsbarkeit verschiedener 
Gh stehen, so kann der Gh, welcher der 
gemeinschaftliche Vorgesetzte ist, die 
Verbindung der Strafsachen und ihre ge- 
  
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meinsame Verfolgung unter Zuweisung 
an einen der Gh anordnen. Wenn ein ge- 
meinschaftlicher höherer Gh nicht vor- 
handen ist, so soll Verständigung zwi- 
schen den kommandierenden Generälen 
(denen der Gouverneur von Berlin gleich- 
steht) bzw den entsprechenden Marine- 
stellen erfolgen und mangels einer Eini- 
gung die Entscheidung des zuständigen 
Kontingentsherrn bzw des Kaisers einge- 
holt werden. Ist gegen einen der Beschul- 
digten die Anklage bereits erhoben, oder 
ist ihm eine Strafverfügung bereits zuge- 
stellt, so kann die Verbindung nur durch 
Beschluß des gemeinsamen oberen Ge- 
richts auf Antrag eines der zuständigen 
Gh erfolgen. In gleicher Weise kann die 
Verbindung wieder aufgehoben werden, 
MC 34. Bestehen im übrigen zwischen 
mehreren Gh Zweifel, welches der zustän- 
dige ist, so entscheidet der ihnen gemein- 
sam vorgesetzte Gh und, falls ein solcher 
nicht vorhanden ist, das gemeinsame 
obere Gericht, MC 36. 
Der Gh, soweit er nicht, wie der kom- 
mandierende General, in der Regel nur Gh 
der Rechtsbeschwerde- und Berufungsin- 
stanz ist, erläßt nach Anordnung des Er- 
mittelungsverfahrens alle Entscheidungen 
und Verfügungen, die im Laufe der Unter- 
suchung erforderlich werden, unter Mit- 
zeichnung eines ihm zugeordneten rich- 
terlichen Militärjustizbeamten bzw im 
Verfahren der niederen Gerichtsbarkeit 
eines Gerichtsoffiziers. Einstweilige Ent- 
hebung vom Dienste und die Verhaftung 
des Beschuldigten verfügt er jedoch, da 
bei diesen Akten die Befehlsgewalt in den 
Vordergrund tritt, allein, MC 174, 175. 
Auf Grund des von der MC anerkannten 
Legalitätsprinzips ist er zur Verfolgung 
jeder ihm zur Kenntnis gelangenden Straf- 
tat einer seinem Befehlsbereich angehö- 
renden Person verpflichtet. Er ist sodann 
stets berechtigt, von dem Stande des Ver- 
fahrens durch Einsicht der Akten Kenntnis 
zu nehmen und die ihm zur Aufklärung 
der Sache geeignet scheinenden Verfügun- 
gen zu treffen. An den Untersuchungs- 
handlungen selbst darf er jedoch aus 
Rücksichten für seine Stellung und die 
Selbständigkeit des Untersuchungsführers 
nicht teilnehmen, MC 167. Auch seine An- 
wesenheit in der Gerichtsverhandlung ist, 
um jegliche Beeinflussung auszuschließen, 
nicht gestattet, MC 273, 
Die wesentlichsten Betätigungen des
	        
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