Offenflvblndniß mit Frankreich. 99
möge, daß ein jeder so viel zu behaupten suche, als er könne, so
liege doch immer in dem österreichischen Besitz jener Berge und Pässe
eine Gefahr für das übrige Land. Warum habe ferner die Königin
in Rußland eine Thronrevolution zu Gunsten des Hauses Braun-
schweig bewirken wollen? Aus keinem andern Grunde, denn mit den
Türlken sei sie nicht im Krieg, als um diese Macht gegen Preußen
zu brauchen. Wie man auch den Vertrag von Worms, die Allianz
mit Sachsen auslege, so schließen sie eine feindselige Richtung ein.
Man sage wohl, die Finanzen der Königin seien erschöpft; diese Ein-
wendung sei gut, um Kinder einzuschläfern: die Hülfsquellen ihrer
Provinzen seien unermeßlich, überdies aber habe sie über das Geld
der Engländer zu gebieten. Podewils, der an ihre Feindseligkeit nicht
glauben wolle, komme ihm vor wie Graf Sinzendorf, der im Jahre
1733 noch von einem Frieden mit Frankreich geträumt habe, als dies
schon einen Angriff auf Philippsburg machte. Die Königin halte sich
für verletzt, sie sei stolz, fest, rachsüchtig. Man müsse nicht glauben,
daß die schlesischen Festungen und die preußische Armee ihr imponire;
die Oesterreicher seien von ihrer alten Größe eingenommen, eitel auf
ihr Glück, voll von chimärischen Plänen, trunken von ihren Allianzen;
der König von Preußen komme ihnen viel zu schwach vor, um ihnen
noch widerstehen zu können.
Ebenso wenig aber dürfe man sich auf die Engländer verlassen.
Lord Carteret habe die kleinen Streitigkeiten zwischen Hannover und
Brandenburg absichtlich nicht geschlichtet, um die Aussicht auf Terri-
torialvergrößerungen offen zu halten, er habe in Rußland Alles ge-
than, um die Garantie Schlesiens von Seiten dieser Macht zu ver-
hindern 1); zwar wolle man sagen, das sei nur geschehen, um Preußen
ganz an England zu knüpfen, allein es zeige immer Mangel an Treue
und Glauben. So habe er beim Vorrücken der englischen Truppen
im Jahre 1743 Versicherungen gegeben, welche die Folge Lügen ge-
straft. Wie dann, wenn man gestatte, daß die kaiserliche Würde an
das Haus Oesterreich zurückkomme? Dann werde Preußen drei Vier-
theile von Europa gegen sich haben. Er würde verloren sein, wenn
er zulasse, daß die Königin einen Stein nach dem andern zu ihrem
Gebäude füge und Schritt für Schritt vorrücke, um ihn zu stürzen.
Der König überzeugte seine Minister nicht vollständig. Sie
meinten, er würde von Oesterreich nichts zu fürchten brauchen, wenn
1) Ayant corrompu les Bestuchefs (Carterct) faisoit naltre par leur
canal des incidents tonjours nonveaux pour empecher cette garantie.
" 7*