Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

110 Elstes Buch. Ersies Capitel. 
durch Sachsen nach der böhmischen Grenze; eine vierte, die schwächste, 
unter Schwerin, brach von Schlesien her in Böhmen ein?). 
Wenn Friedrich seinen Zug mitten durch Sachsen nahm, so 
glaubte er dies dadurch zu rechtfertigen, daß er den Krieg zu Gunsten 
des Kaisers unternehme, in dessen Namen er die Requisitorialien in 
der für Fälle dieser Art herkömmlichen Form an die sächsische Re- 
gierung sandte — August IlI selbst befand sich in diesem Augenblick 
in Polen —, dessen Sache er überhaupt allein führe, indem er zu 
einem Angriff auf Oesterreich schreite. Denn nur darauf, heißt es 
in seinem Manifest, ziele der Wiener Hof, die höchste Würde des 
Reiches, welche durch freie und einmüthige Wahl der deutschen Nation 
an den Kürfürsten von Baiern gekommen, zum Raube zu machen 
und an einen in Deutschland nicht einmal angesessenen Fürsten zu 
bringen. Nicht sowohl der Kaiser werde dadurch beleidigt als die- 
jenigen, die ihn gewählt, das unschätzbare Recht der Deutschen, sich 
ihr eigenes Oberhaupt zu setzen, vernichtet. Er habe keinen andern 
Zweck, als dem Reiche die Freiheit, dem Kaiser die oberste Würde 
und Europa die Ruhe zurückzugeben. 
Die sächsische Regierung, auf die es nicht ohne Wirkung blieb, 
daß es „kaiserliche Auxiliartruppen“ seien, für welche Carl VII selbst 
den Durchgang verlange, sendete, wenn auch erst nach einigem Wider= 
streben, ihre Commissarien in die preußischen Quartiere, um die An- 
stalten für Marsch und Verpflegung mit den Ständen jeder Land- 
schaft in Ordnung zu bringen 2). Die Lebensmittel wurden von den 
preußischen Truppen baar bezahlt; der sächsische Bauer schien über 
deren Ankunft so wenig bestürzt, daß er vielmehr sogar eine heim- 
liche Freude darüber blicken ließ, das Nöthige mit Vergnügen lieferte. 
Fourage, Vorspann und andere Bedürfnisse wurden gegen Quittung 
geliefert; die sächsische Regierung behielt sich vor, dem Könige oder 
1) Die Instructionen erschienen bei Oenkel: Militärischer Nachlaß gleich 
im Anfang; doch waren sie schon früher gedruckt. In den Acten findet sich 
noch eine dritte für die Artillerie. Den Stabsoffizieren durften Abschrifteu 
anvertraut werden, Niemandem sonst. 
2) Aus den Berichten des militärischen Abgeordneten Winterfeld vom 
7.—11. August zeigt sich, daß die sächsischen Conferenzminister Henneke und 
Nex das Verlangen an sich für reichsgesetzmäßig hielten; nur daß das Heer 
so groß sei, erregte ihnen Bedenken. Am 9. schreibt Winterseld: „ich bin nur 
schon zufrieden, daß ich es durch Drohen und Bitten, Schelten und gute Worte 
so weit gebracht habe, daß man mir glaubt wie es Ernst“. Die Sachsen ver- 
besserten vor allem die preußische Marschroute.
	        
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