110 Elstes Buch. Ersies Capitel.
durch Sachsen nach der böhmischen Grenze; eine vierte, die schwächste,
unter Schwerin, brach von Schlesien her in Böhmen ein?).
Wenn Friedrich seinen Zug mitten durch Sachsen nahm, so
glaubte er dies dadurch zu rechtfertigen, daß er den Krieg zu Gunsten
des Kaisers unternehme, in dessen Namen er die Requisitorialien in
der für Fälle dieser Art herkömmlichen Form an die sächsische Re-
gierung sandte — August IlI selbst befand sich in diesem Augenblick
in Polen —, dessen Sache er überhaupt allein führe, indem er zu
einem Angriff auf Oesterreich schreite. Denn nur darauf, heißt es
in seinem Manifest, ziele der Wiener Hof, die höchste Würde des
Reiches, welche durch freie und einmüthige Wahl der deutschen Nation
an den Kürfürsten von Baiern gekommen, zum Raube zu machen
und an einen in Deutschland nicht einmal angesessenen Fürsten zu
bringen. Nicht sowohl der Kaiser werde dadurch beleidigt als die-
jenigen, die ihn gewählt, das unschätzbare Recht der Deutschen, sich
ihr eigenes Oberhaupt zu setzen, vernichtet. Er habe keinen andern
Zweck, als dem Reiche die Freiheit, dem Kaiser die oberste Würde
und Europa die Ruhe zurückzugeben.
Die sächsische Regierung, auf die es nicht ohne Wirkung blieb,
daß es „kaiserliche Auxiliartruppen“ seien, für welche Carl VII selbst
den Durchgang verlange, sendete, wenn auch erst nach einigem Wider=
streben, ihre Commissarien in die preußischen Quartiere, um die An-
stalten für Marsch und Verpflegung mit den Ständen jeder Land-
schaft in Ordnung zu bringen 2). Die Lebensmittel wurden von den
preußischen Truppen baar bezahlt; der sächsische Bauer schien über
deren Ankunft so wenig bestürzt, daß er vielmehr sogar eine heim-
liche Freude darüber blicken ließ, das Nöthige mit Vergnügen lieferte.
Fourage, Vorspann und andere Bedürfnisse wurden gegen Quittung
geliefert; die sächsische Regierung behielt sich vor, dem Könige oder
1) Die Instructionen erschienen bei Oenkel: Militärischer Nachlaß gleich
im Anfang; doch waren sie schon früher gedruckt. In den Acten findet sich
noch eine dritte für die Artillerie. Den Stabsoffizieren durften Abschrifteu
anvertraut werden, Niemandem sonst.
2) Aus den Berichten des militärischen Abgeordneten Winterfeld vom
7.—11. August zeigt sich, daß die sächsischen Conferenzminister Henneke und
Nex das Verlangen an sich für reichsgesetzmäßig hielten; nur daß das Heer
so groß sei, erregte ihnen Bedenken. Am 9. schreibt Winterseld: „ich bin nur
schon zufrieden, daß ich es durch Drohen und Bitten, Schelten und gute Worte
so weit gebracht habe, daß man mir glaubt wie es Ernst“. Die Sachsen ver-
besserten vor allem die preußische Marschroute.