Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

120 Elftes Buch. Erstes Capitel. 
Er hatte es für leicht gehalten, durch einige territoriale Zu- 
geständnisse, die der Kaiser machen müsse, zusammentreffend mit der 
Entwickelung militärischer Uebermacht, Sachsen auf seine Seite zu 
bringen; aber dabei stieß er auf größeren Widerstand als er meinte. 
Schon der kaiserliche Hof erwies sich abgeneigt, neue Abtretungen zu 
bewilligen; der sächsische aber, durch die Erfahrungen des ersten 
Krieges irre gemacht und erbittert gegen den König von Preußen, 
dem er alles Mißlingen zuschrieb, war in immer engere Verbindung 
mit der Königin von Ungarn getreten. Er hegte noch immer Er- 
oberungspläne: aber diese waren nicht mehr auf Böhmen, sondern 
auf Schlesien gerichtet und trafen hier mit den Absichten der Königin 
zusammen. Noch war er mit dieser bei weitem nicht über das Nähere, 
aber in der Richtung einverstanden. Was man nicht glauben sollte, 
wenn man es nicht läse, von Warschau aus gab August III den Be- 
fehl, sich dem preußischen Durchzug mit Gewalt zu widersetzen 1). Ein 
Glück für Sachsen, daß dieser Befehl zu spät eintraf, um ausgeführt 
zu werden, der Durchzug würde sich in eine Invasion verwandelt und 
das Land zu Grunde gerichtet haben. Wir berührten schon, daß der 
Befehlshaber der Truppen, der Herzog von Weißenfels, vorsichtiger 
als der Hof, jede feindliche Bezeigung vermied; er bestärkte den König 
von Preußen in der Meinung, daß ein Einverständniß möglich sei. 
Nach der Eroberung von Prag hat Friedrich dem polnisch sächsischen 
Hofe die vortheilhaftesten Anträge erneuert, die er, da die dringende 
Nothwendigkeit vorhanden war, auch durchzusetzen gewußt haben würde, 
namentlich die Abtretung der Kreise Leutmeritz und Saatz; er ver- 
sprach, sich in allen Stücken als ein guter Nachbar und guter Freund 
zu zeigen 2). Aber der leitende Minister, Graf Brühl, war vollkommen 
1) Schreiben von Warschau an Geh. Räthe vom 11. Aug. enthält den 
Befehl, „daß zuvörderst der Bedeckung und Sicherheit unfrer Lande gegen alle 
jählinge Eindringungen schleunigst prospiciret und zu solchem Ende sowohl 
unsere in Sachsen stehenden Regimenter, es sei nun in den vier Generalats 
oder noch näher fördersamst zusommengezogen, und selbigen die Geschwind- 
schießkanons nebst gehöriger Munition sonder Anstand ausgetheilet; wie nicht 
minder die Creißregimenter versammelt, und mit hinlänglicher Provision an 
Pulver und Blei versehen, als auch auf allen Fall die nechst angrenzenden 
Landesunterthanen von dem im Hauptzeughause vorräthig vorhandenen Ge- 
schütze bewaffnet, und alles Übrige was sonsten zu einem vigoureusen Wider- 
stand gegen einen feindlichen Ueberfall erforderlich sein möchte, vorgekehrt 
werde“. " 
2)SchteibenvonFried1-ich8.Sept»16.Sept.ineinemsctensiilckdes 
Dresdner Archivs, „das von dem König von Preußen wiederholt angebotene
	        
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