Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

150 Elftes Buch. Viertes Capitel. 
Niemand höre, die verdientesten Offiziere verletze, die Truppen nicht 
schone; viele Einzelne klagten über den Verlust an Hab und Gut, 
den sie erlitten und der ihnen nicht erstattet werde. Friedrich ver- 
säumte nichts, um diese Verstimmung zu beseitigen: wie er denn z. B. 
den alten Dessauer niemals rücksichtsvoller behandelt hatte, als jetzt 
in Neiße, wo er den Oberbefehl aus dessen Händen zurücknahm. 
Sein ganzes Bemühen war, die Armee vollständig und schlagfertig 
zu machen; vor dem Eifer und der Sorgfalt, die er hiebei in Be- 
ziehung auf Sachen und Personen entwickelte, dem Eindruck seiner 
Gegenwart, wich die Afterrede und der Tadel.] 
Noch waren, als er ins Feld ging, die Dinge nicht dahin ge- 
diehen, wohin sie, wie wir sahen, bald darauf kamen, und wir wollen 
uns nicht dabei aufhalten, wo und wie sie zu seiner Kunde gelangten. 
Die feindseligen Entwürfe der Höfe waren in das tiefste Ge- 
heimniß gehüllt; nur aus den Unternehmungen konnte er auf die 
Gedanken schließen; einen deutlichen Begriff davon hat er nie ge- 
wonnen. Schon der Gang der öffentlichen Ereignisse aber: der Rück- 
zug von Maillebois, die Auflösung der Union, die Katastrophe von 
Baiern, ließ ihn die größten Widerwärtigkeiten erwarten. Die beiden 
Fürsten, die sich früher mit ihm gegen Oesterreich verbunden, Baiern 
und Sachsen, standen jetzt auf österreichischer Seite: der letzte mit 
aller mözlichen Anstrengung. Friedrich hatte Unterhandlungen über 
einen Frieden mit England eröffnet, aber weder waren die Schritte, 
welche England that, besonders nachdrücklich, noch zeigte die Königin, 
die damals wohl übel genommen hat, wenn die Verwandten in ihren 
Briefen Friedensermahnungen einfließen ließen, sich im mindesten ge- 
neigt, darauf einzugehen. Rußland lehnte die Vermittelung ab, um 
welche es Friedrich ersuchte. Von Frankreich 1) durfte er keine Unter- 
nehmung mehr erwarten, welche die seine erleichtert hätte. Von dieser 
Macht Subsidien zu verlangen, war Friedrich zu stolz, so lange nicht 
die äußerste Noth ihn dabei vor sich selber rechtfertigte; ein zu diesem 
Behuf schon verfaßtes Schreiben ließ er dann doch nicht abgehen. 
Er fürchtete die Pflicht, welche man ihm dagegen auferlegen werde, 
und lange konnte er die Hoffnung, auf andere Weise zu seinem 
Frieden zu gelangen, nicht aufgeben. 
1) Eichel beklagt, daß man der Crone Frankreich, welche inzwischen am 
am Rhein ihre Pferde an fremde Zäune anbindet, und in den Niederlanden 
einen und den andern Plan zu ihrer Convenienz zu erhalten sucht, nichts als 
die Berwüstung von Schlesien von Freund und Feind zu verdanken habe.
	        
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