Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Feldzug in Schlesien, im Frühjahr 1745. 151 
„Wir befinden uns“, sagt er in einem seiner Briefe am 29. März, 
„in einer großen Krisis; wenn wir durch die Vermittlung von Eng- 
land den Frieden nicht erlangen, so werden unsere Feinde von ver- 
schiedenen Seiten gegen mich hereinbrechen. Den Frieden kann ich 
nicht erzwingen; was den Krieg anbetrifft, so werde ich siegen, oder 
von uns allen wird Niemand wieder nach Berlin kommen.“ 
Anfangs April traf er Anstalt, daß, wie früher, eine Heeres- 
abtheilung gegen Sachsen aufgestellt wurde. „Hier“, fügt er bei der 
Erwähnung dieser Sache hinzu, „habe ich meine Truppen schon bei- 
sammen. Die Krankheiten hören auf, die Recruten kommen an, in 
kurzer Zeit wird Alles complet sein. Das hindert nicht, daß wir 
nicht Frieden schließen könnten, aber Niemand wird im entgegen- 
gesetzten Fall mich anklagen dürfen, meine Pflicht vernachlässigt zu 
haben.“ 
Es ist ewig denkwürdig, in welcher Stimmung und Sinnesweise 
der Fürst und Feldherr den Kampf, der ihm bevorstand, erwartete, 
und wir mögen uns nicht versagen, noch einen Augenblick bei seinen 
Aeußerungen zu verweilen. 
Am 17. April schreibt Friedrich an Podewils: „Ich arbeite Tag 
und Nacht, um unsere Lage zu verbessern. Die Soldaten werden 
ihre Pflicht thun; es ist keiner unter uns, der sich nicht lieber das 
Rackgrat brechen ließe, als einen Fußbreit Erde aufzugeben. Man 
muß uns einen guten Frieden gewähren, oder wir werden uns durch 
Wunder der Kühnbeit übertreffen und die Feinde durch Ueberlegenheit 
zwingen, daß sie unsere Freundschaft suchen.“ 
Am 20. April: „Unsere Lage ist unangenehm und gewaltsam: 
doch ist mein Entschluß gefaßt: wenn wir schlagen müssen, so wollen 
wir es thun wie Verzweifelte. Niemals gab es eine größere Gefahr 
als die, worin ich mich befinde. Mag denn die Zeit diesen Knoten 
entwirren, oder das Schicksal, wenn es eins giebt, über das Ereigniß 
entscheiden. Das Spiel, das ich spiele, ist so hoch, daß man den 
Ausgang nicht mit kaltem Blute ansehen kann. Thut Gelübde für 
die Rückkehr meines Glückssternes.“ 
Wie sehr erschrak Podewils, als Friedrich der Gefahren gedachte, 
denen Berlin wahrscheinlich ausgesetzt sein werde, und die vorläufige 
Anordnung traf, daß alsdann die Landesbehörden und die Kostbar- 
keiten der Silberkammer nach Magdeburg gebracht werden sollen; der 
löniglichen Familie ließ er die Wahl, ob sie es vorziehe, sich eben 
dahin oder nach Stettin zurückzuziehen. Podewils hatte beim Beginn 
des Krieges den schlechtesten Ausgang gefürchtet; bei dem Abschied in
	        
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