162 Elftes Buch. Biertes Capitel.
dann mit dem größten Verluste zurücktrieben. Meistens aber bewegten
sich die Preußen vorwärts, auch da, wo ihre Feinde Zäune und Hecken,
Gebüsch und Moräste vor sich hatten !). Hie und da haben die Reiter-
regimenter erst große Feldzäune wegräumen müssen, ehe sie an den
Feind kommen konnten. Als die Infanteriebrigade des Prinzen Mo-
ritz bei einer Waldlücke, welche die Wiesen in den Gebüschen machten,
vorüber kam, empfing sie die volle Ladung einer Batterie, die jenseit
derselben aufgestellt war. Der Commandeur Bonin ließ die Brigade
schwenken und geradezu über die Wiese auf die Sachsen losrücken.
Da sie ihre Kanonen über die Gräben nicht mit fortbringen konnte,
so stutzte sie einen Augenblick, und der Erfolg konnte zweifelhaft
scheinen, als der Prinz von Preußen ankam, dessen „Marsch“ mit
freudigem Zuruf erwiedert wurde. Ohne lange zu schießen, drangen
die Regimenter auf den Feind ein und warfen ihn über den Haufen:
ein sächsischer Offizier ward, indem er eben eine Kanone abseuer
wollte, mit dem Bajonnet in den Leib gestoßen und getödtet. — Ein
so lebhaftes Feuer aus Kanonen und kleinem Gewehr war weder bei
Mollwitz noch bei Chotusitz gehört worden. Der Morgen war wind-
still, und nur langsam zertheilte sich der Rauch über dem Schlacht-
felde. Die Berge schienen zu zittern. In Pilgramshain versöhnten
unter den Bäumen eines Gartens die Einwohner ihre kleinen Zwistig-
keiten bei dem Donner der Geschütze und dem Sausen der über sie
weggehenden Kugeln 2). — Gegen 7 Uhr war der linke Flügel bis
nach dem Centrum allenthalben geschlagen. Dichte Leichenhaufen be-
zeugten von Stelle zu Stelle die Heftigkeit des Widerstandes, den die
Sachsen geleistet hatten.
Noch aber stand die Hauptmacht der Oesterreicher unbesiegt im
Felde: Prinz Carl hegte die Hoffnung, die Schlacht wiederherzustellen,
wenn es ihm gelinge, den Preußen in ihre Flanke zu fallen. Mit
1) Eichel, 5. Juni, an Podewils: So viel ist gewiß, daß der Feind in
einem sehr avantageusen Posten gestanden, so daß nicht nur die Infanterie
durch Gräben, Morüste und Hecken, die feindliche Infanterie so anfangs mehren-
theils im Gebüsche verdeckt gestanden, sondern daß die Cavallerie noch öfter
2 bis 3 Gräben passiren müssen, ehe solche zum Choc mit dem Feinde kommen
können. — In dem Saale der Stadtverordneten zu Striegau hängt ein
merkwürdiges Bild der Schlacht, von den bisherigen Schlachtplänen weit ab-
weichend. Welche Schwierigkeiten sich bei einer kunstgerecht militärischen Auf-
fassung und Darslellung der Schlacht noch darbieten, sieht man aus einem
Aufsatz des Feldmarschall v. Müffling. Militärwochenblatt 1845, unr. 36.
2) Aus dem Schöppenbuche von Pilgramshain; bei Lützow: die Schlacht
von Hohenfriedberg oder Striegau, 138.