Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

14 gehntes Buch. Erstes Capitel. 
Mainz die auf Carl VII. gefallene Wahl meldete und zugleich auf 
Sicherheit und Frieden antrug. 
Es war in den Tagen, daß täglich Nachrichten von dem Fort- 
schreiten ihrer Truppen bei ihr eingingen, noch ehe der König von 
Preußen wieder im Felde erschienen war; sie faßte den herzhaften 
Entschluß, den neuen Kaiser nicht anzuerkennen, auf die Forderung 
des Friedens nicht einzugehen. 
Allein da dies doch auch gefährlich werden konnte, indem nun- 
mehr die kaiserliche Autorität sich der Bundesgenossenschaft zugesellte, 
durch welche ihr und ihres Gemahles Nebenbuhler stark war, so hielt 
sie für gut, wie vor kurzem in Ungarn, so jetzt in Oesterreich die 
ständische und die städtische Beistimmung für sich anzurufen und sich 
ihrer auf jeden möglichen Fall zu versichern. 
Am 3. Februar 1742 wurde der Adel und besonders die Bür- 
gerschaft in Wien auf der Favorita in aller Frühe versammelt ½). 
Die Königin setzte sich auf ihrem erhöhten Throne nieder, die Krone 
auf dem Haupte, das Scepter in der einen, den Reichsapfel in der 
andern Hand; zu ihrer Rechten, wo hundert Kerzen um ein hohes 
vergoldetes Crucifix brannten, saß die Geistlichkeit, den päpstlichen 
Nuntius an ihrer Spitze; zu ihrer Linken saßen der Adel und die 
Magistrate der Städte. 
Hierauf, nachdem Ruhe geboten und eine solche Stille eingetreten 
war, als ob kein Mensch zugegen wäre, geschah die Eröffnung, daß 
der Reichskanzler die Wahl Carls VII. angezeigt und darauf an- 
getragen habe, die Friedenssicherheit herzustellen, eine mehrstündige 
Conferenz sei gehalten und von der Königin endlich beschlossen wor- 
den, ihre von Gott augenscheinlich gesegneten Waffen so leichten Ent- 
schlusses nicht niederzulegen; sie wolle sich aber der Treue ihrer Unter- 
thanen durch einen neuen Eid versichern. Hierauf erhob sich der päpst- 
liche Nuntius — denn es war vor allem ein geistlicher Act, den man 
vollzog — und legte den Versammelten die Frage vor: „Wollt Ihr 
die oft beschworene Treue in jedem Falle, welcher sich auch ereignen 
mag, halten? Alle Befehle, die man Euch giebt, befolgen? Wollt 
Ihr Leben und Blut für Ihre Majestät jederzeit opfern, unsere aller- 
gnädigste Frau vor jedem Anfall schützen?“ Diese Fragen sowie 
einige andere desselben Sinnes wurden freudig bejaht und die alte 
1) In den Reichstagsacten findet sich hierüber eine ausführliche Nachricht, 
die wir hier zu Grunde legen.
	        
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