Hiebeutes Gapitel.
Feldzug in Sachsen, November und December 1745.
Maria Theresia hatte nicht mehr den Jugendreiz, der, vom Un-
glück gehoben, solange sie nur angefeindet, gütig, unschuldig und stand-
haft erschien, sie unwiderstehlich machte; ihre Züge waren stärker, ihre
Haltung stolzer, majestätischer, ihr ganzes Wesen selbstbewußter ge-
worden. Früher hatte sie viel Neigung zu Festlichkeiten des Hofes,
Maskenbällen, musikalischen Uebungen gezeigt; jetzt gefiel sie sich vor
allem zu Pferde; sie ritt mit einer Raschheit daher, welche ihre Freunde
in Schrecken setzte. Die Sorge für die Erhaltung ihrer Schönheit lag
ihr ferne; sie setzte sich jeder Witterung aus; eine natürlich kräftige
Constitution ließ sie Alles ertragen, was andern unerträglich war.
In der Stadt erschien sie so einfach wie möglich; man sah sie, bürger-
lich gekleidet, nach damaliger englischer Sitte, ihre Freundinnen auch
zu Fuß besuchen; dem entspricht es sehr wohl, daß sie sich ihren Re-
gierungspflichten mit dem größten Eifer unterzog. Alle Morgen von
sechs bis zehn las sie die eingegangenen Depeschen und Gesuche, und
gab ihre Resolution; sie ward dabei, wie der König von Preußen,
nur von einem Cabinetssecretär unterstützt. Ihre Hauptgesichtspunkte
waren: Abschaffung der Mißbräuche der Verwaltung und Erhebung
des Soldatenstandes. Sie hatte auch hier das System des Königs
von Preußen, den sie bekämpfte, unaufhörlich im Auge, in kleinen
Dingen und in der Hauptsache. Nicht eben zur Zufriedenheit des
hohen Adels zog sie einsache Offiziere an ihre Tafel; sie sagte laut,
unter ihr werde Niemand sein Glück machen, wer den Degen nicht
tapfer führe; sie suchte selbst die Generale aus, denen sie das Com-
mando anvertraute: mit gutem Bedacht pflegte sie die Anhänglichkeit
des gemeinen Soldaten. Von dem Geiste des Jahrhunderts, der von
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