Coccejische Justizreform. 245
täten verschickt worden, wo dann Professoren, ohne eine lebendige
Kenntniß der vorgelegten Sache zu besitzen, Urtel abfaßten, von denen
Cocceji sagt, daß man sie zuweilen als vollkommen untauglich aus
den Acten habe vertilgen müssen; Friedrich trug kein Bedenken, das
Versenden der Acten überhaupt zu verbieten.
Indem er sich dergestalt von der Rechtsentwickelung in Deutsch-
land selbstbewußt losriß (auch den Besuch der fremden Universitäten
verbot er), trat der Minister mit dem Plan zu einer durchgreifenden
Umgestaltung der gesammten juridischen Verfassung hervor.
Dieser Plan geht auf drei Punkte: Umbildung der Collegien,
des Verfahrens und der Gesetzgebung selbst 7.
Cocceji forderte, daß in den obern Collegien künftig nur eine
geringe Anzahl von Räthen sitzen solle, aber lauter gelehrte, erfahrene
und zuverlässige Männer, vor allen Dingen hinreichend besoldet, um
sich ausschließlich ihrem Amte widmen zu können: keiner sollte in mehr
als Einem Collegium arbeiten. Die Procuratoren sollten aufhören,
die Advocaten jeder nur bei Einem Gerichtshof dienen und nicht im
Laufe des Processes, sondern erst bei der Beendigung desselben, nach
Bestimmung des Gerichtshofes für ihre Mühwaltung honorirt werden.
Alle Sporteln sollten in eine Gesammtcasse fließen, damit nicht der
Richter durch kleinliche Rücksicht veranlaßt werde, die Processe hinaus-
zuziehen. Dessen Pflicht sei vielmehr möglichste Beschleunigung der
Sache; er müsse nicht allemal die ganze Ausdehnung der legalen
Fristen beobachten, soudern sie, besonders wenn die Parteien in der
Nähe seien, vermindern. Processe zwischen Obrigkeiten und Unter-
thanen, Gerichtsherren und Pächtern, welche die langwierigsten von
allen, müsse man sogleich mit einer Besichtigung des streitigen Gebiets
beginnen. Er verwirft alle Moratorien, besonders in dem Falle,
wenn der Schuldner wenig zahlungsfähig sei; es sei besser, er ver-
derbe, als sein Gläubiger. Für den vornehmsten Uebelstand von allen
erklärt er nochmals die Dunkelheit des Rechtes, denn das römische,
das aller Ordnung entbehre, fast überall für und wider ausgelegt
werden könne, werde durch das sächsische und das kanonische Recht
sowie die unzähligen Edicte nur noch mehr verwirrt: nichts sei noth-
wendiger, als ein allgemeines Landrecht in deutscher Sprache abzu-
fassen, nach der Vernunft und Landesverfassung, und alle anderen Ge-
setze und Edicte aufzuheben.
1) Unvorgreiflicher Plan wegen Verbesserung der Justiz, und Erlänterung
desselben; bei Kampp Jahrbücher der Gesetzgebung Bd. 59, S. 76.