Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

264 Zwölftes Buch. Viertes Capitei. 
Staatsverwaltung war so eingerichtet, daß alle Jahre 2 Millionen 
dazu kamen. Friedrich berechnete sich, daß sein Schatz im Jahre 1754 
11, 1756 15, 1758 19 Millionen betragen werde. Damit dachte 
er 4 bis 5 Campagnen aushalten zu können. Neben diesem Schatz 
hatte er noch einen kleinen von 200000 Thalern angelegt, der be- 
sonders zur Mobilmachung der Armee dienen sollte. 
Man braucht nicht zu erörtern, daß dieses Thesauriren von 
finanziellen Gesichtspunkten zu verwerfen gewesen sein würde; noth- 
wendig ward es in seiner Lage, wo er jeden Augenblick Feindselig- 
keiten zu erwarten hatte. 
Wir enthalten uns hier, in die Verwickelungen der Politik ein- 
zugehen, die endlich zu einer neuen großen Krisis der europäischen 
Dinge zusammenwirkten. 
Aber werfen wir nur einen Blick auf den Osten und Norden, 
wo die Combination, die einst bei der polnischen Thronvacanz im 
Gegensatz gegen Friedrich Wilhelm 1 entstanden war, sich wieder er- 
neuerte, die drei Mächte Oesterreich, Sachsen und Rußland auf das 
Engste zusammenhielten, so zeigt sich, welche Gefahren daraus für 
Preußen hervorgingen. Friedrich hegte zwar die Ueberzeugung, daß 
die feindselige Haltung von Rußland nicht auf wirklichen Interessen 
beruhe, sondern zufälliger Natur sei, daß selbst Kaiserin Elisabeth 
keinen Theil daran habe, sondern nur ihr Minister, aber dieser war 
nun einmal allmächtig und für Maria Theresia gewonnen 1). Einen 
Angriff auf Schlesien erwartete Friedrich damals nicht, aber er fürchtete 
eine Besetzung des polnischen Thrones, vielleicht mit einem österreichi- 
schen Prinzen, die ihn nöthige, zu den Waffen zu greifen. 
Sah er sich nach Hülfe um, so konnte er sie weder im Norden 
finden, wo Schweden in sich selbst beschäftigt und Dänemark mit 
aller seiner Kraft auf die Erwerbung von Holstein gerichtet war, 
noch auch bei den Seemächten, die sich an den Anblick der preußischen 
Flagge in der Nordsee nicht gewöhnen mochten, noch endlich im 
Reiche. 
Wie sehr sich die Mehrzahl der deutschen Stände zu Oesterreich 
hinneigte, erkannte man bei den mancherlei Schwierigkeiten, welche die 
1) Testamem politique. La Russie ne doit point se compter parmi 
nos veritables ennemis; elle n’'a rien à démeler avec la Prusso; e'est 
un ennemi accidentel. Un ministre corrumpu par I1’Angleterre ct 1 Autriche 
a en bien de la peine à trouver un prétexte apparem pour brouiller nos 
deux cours; la chute de ce ministre doit remettre les choses dans leur 
Etat naturel.
	        
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