Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

274 Zwölstes Buch. Fünftes Capitel. 
gionen ausüben. Uebrigens überließ er die Regierung der Kirche nach 
der hergebrachten Verfassung den Consistorien. 
Im Jahre 1750 wurde ein Oberconsistorium eingerichtet, oder 
vielmehr, das bisherige kurmärkische Consistorium ward zugleich mit 
der Aufsicht über alle anderen Consistorien in den alten Provinzen 
und mit ihrer höheren Leitung beauftragt. Es sollte über die Prü- 
fungen und die Führung der Candidaten, Lehre und Leben der Geist- 
lichen, die gehörige Verwaltung der milden Stiftungen die Aufsicht 
führen; bei der Besetzung theologischer Professuren gefragt werden: 
die Schulen regeln; wenn es Strafen verhänge, sollte es von dem 
weltlichen Arm unterstützt werden. 
Da von dieser Unterstützung der Einfluß des Fürstenthums auf 
die Kirche überhaupt ausgegangen ist, so blieb, wie es bei allen 
Consistorialverfassungen von jeher gebräuchlich gewesen ist, auch hier 
der Recurs an die landesherrlichen Justizbehörden offen. Auf der 
Concurrenz von beiden, zumal da die Verbrechen der geistlichen Per- 
sonen den weltlichen Gerichten unterworfen wurden, beruhte die öffent- 
liche Ordnung der Kirche. 
Von einem Eingreifen des persönlichen Willens war nicht viel 
zu bemerken; dem Präsidenten ward ausdrücklich befohlen, die Mei- 
nung jedes Mitgliedes zu hören, keine langen Disputationen zu ge- 
statten und nur nach Stimmenmehrheit den Schluß zu machen ½). 
Eine vorzügliche Rücksicht ward unter Friedrich wie unter seinem 
Vater den Aeußerlichkeiten der Verwaltung gewidmet. Aus den ver- 
einigten Amtskircheneinkommen sind in den letzten 18 Jahren Friedrich 
Wilhelms und in den ersten 11 Friedrichs II in der Kurmark 156 
Kirchen oder Thürme hergestellt, 129 neu erbaut, zahlreiche Orgeln 
und Glocken angeschafft worden; auch unter den Cabinetsordres Fried- 
richs II finden sich manche zur Unterstützung der Kirchen= und Pfarr- 
bauten. 
Für die Fälle, in denen er doch persönlich gefragt wurde, hatte 
er sich einige Maximen gebildet, z. B. die Geistlichen nicht viel mit 
hohen Titeln und Würden auegihatten, denn Paulus schreibe sich 
nur einen Diener Jesu Christi; bei Besetzungen der Stellen mehr als 
bisher auf den Wunsch der Gemeinden zu geben, besonders wenn er 
auf wohlgefittete und mildgesinnte Männer ging; vor Allem keine 
1) Justruction vor das über alle königliche Lande errichtete lutherische 
Oberconsistorium, 4. Oct. 1750, bei Mylins Continuatio Corp. Const. 
Aarch. IV, nr. 106.
	        
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