Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Universitäten. 275 
neuen Lehrmeinungen einreißen zu lassen; für das beste Heilmittel 
gegen solche hielt er, daß man sie lächerlich mache. Mit dem Ton 
der damaligen Prediger war er nicht einverstanden: er vermißte bei 
ihnen Weltkenntniß und selbst Studium des Evangeliums. Um auf 
die Welt zu wirken müsse man dieselbe nehmen wie sie sei; aus dem 
Studium der Schrift müsse ein Prediger seine vornehmste Beschäf- 
tigung machen 1). Er würde auch in diesem Zweige, wie in dem 
juridischen auf eine lebendigere Befriedigung der vorhandenen Bedürf- 
nisse gedrungen haben, hätte er ihm mehr Aufmerksamkeit gewidmet; 
aber weder seine geistige Richtung noch auch seine Politik führten ihn 
dahin. Es schien ihm genug, wenn nur der Hader zwischen den ver- 
schiedenen Bekenntnissen vermieden blieb, der in den letzten Jahr- 
hunderten so viele Verwirrungen veranlaßt hatte. 
Den hohen Schulen, die mit den kirchlichen Genossenschaften von 
alten Zeiten her in den engsten Beziehungen standen, bewies er nur 
so viel Aufmerksamkeit, als die Stellung eines Fürsten nöthig machte. 
Er hielt auf die Beobachtung der alten Statuten, zumal wenn sie 
mit seinen Gesichtspunkten übereinstimmten, wie wenn an der Uni- 
versität Frankfurt a. O. die ordentlichen Professuren der Theologie 
den Reformirten vorbehalten blieben, weil diese Facultät nach den 
mildesten Normen des reformirten Bekenntnisses zu lehren verpflichtet 
war; für die Lutheraner blieben nur die außerordentlichen Professuren, 
denen jedoch einige für die Vollendung der Studien erforderliche ala- 
demische Rechte zu Theil wurden. Ueber die Universität Halle pflog 
man mancherlei Berathungen, ohne daß es zu organischen Verände- 
rungen gekommen wäre 2); es schien genug, sowohl die Lehrer als die 
Studirenden zu strengerer Disciplin und größerem Fleiß anzuweisen; 
nach dem Tode von Wolf, der seine Besoldung aus der königlichen 
Chatoulle bezogen hatte, fühlte sich König Friedrich nicht veranlaßt, 
der Universität diesen Verlust zu ersetzen. 
) Qu'on ne se remplit pas la tete de vos saintes écritures, qu'’on 
ne fait pas de cctte lecture son affaire principale — et qduc ces etres 
destinés A L’öglise ne voyem pus le bon monde, ne suivent pas assez les 
hommes et les passions: il faut prendre le monde tel qu’il est. 
2) Man gab wohl den Rath, auf die alte Einrichtung zurückzukommen, 
sodaß wenige Professoren angestellt, und diese streng an ein bestimmtes Fach 
gewiesen werden sollten; aber es zeigte sich unausführbar, und man blieb da- 
bei, die größere Anzahl und die größere Freiheit aufrecht zu erhalten. Gut- 
achten von Schlabrendorf, Präsident von Magdeburg, Dankelmann und Biele- 
seld von 1752. 
18°
	        
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