Gesellschaft von Sanssouci. 287
königlichen Schülers zu schätzen: er fühlte sich durch sein Feuer belebt;
er bekennt, indem er ihn corrigire, lerne er selbst, und gewinne für
seine eigenen Studien 1).
Sie arbeiteten alle fleißig: d-Argens richtete sich ganz als Ge-
lehrter ein, und suchte den gesammten Umfang der heterodoxen Li-
teratur an sich zu bringen; der friedliche Algarotti ließ sich durch die
Umgebung antreiben, der antiken und modernen Kriegskunst seine Auf-
merksamkeit zu widmen, die Theorie Machhiavells, die Taktik der
Scipionen zu erörtern. Voltaire brachte eins seiner besten Bücher,
das Jahrhundert Ludwigs XIV, zu dem er den Stoff schon längst
gesammelt hatte, in Potsdam zu Stande 2). Ich will nicht behaupten,
obgleich die Sache danach aussehn könnte, daß der Avblick der nach
allen Seiten gerichteten Thätigkeit eines geistvollen Fürsten auf seine
Auffassung Einfluß geübt habe; es gebörte zum guten Tone jener
Gesellschaft, von Anregungen dieser Art zu schweigen; — aber davon
spricht Voltaire oft selbst, daß der Aufenthalt in Potsdam ihn über
tausend Rücksichten erhob, die ihm in Paris aufgelegt worden wären;
in der Gesellschaft mit dem Könige sah er einen neuen Antrieb etwas
Gutes hervorzubringen.
König Friedrich, in dem Bestreben begriffen, sich einer Ausdrucks-
weise zu bemeistern, die er für classisch hielt, war desselben Sinnes;
politische und militärische Geschäfte hinderten ihn nicht an mannich-
facher literarischer Hervorbringung; doch hatte er es nicht allein auf
Arbeit abgesehen, sondern auch auf Umgang. „Der Geist ist ein
Feuer“, sagt er einmal, „welches erlischt, wenn man es nicht nährt“;
es schien ihm gleichsam die Pflicht eines Fürsten, im Verkehr mit
geistreichen Leuten seinen Geist zu schärfen; überdies aber, lebendiges
Gespräch, wissenschaftliche Unterhaltung gewährten ihm ein großes
persönliches Vergnügen.
Und nicht übel war seine Gesellschaft zusammengesetzt, so lange
der natürliche Gegensatz zwischen Maupertuis und Voltaire nur dazu
diente sie zu beleben.
Der eine ein phantastischer, dem Geheimniß zugewandter Na-
turforscher, der andere ein kalter und kaustischer Poet; jener noch voll
1) 15. October 1750. Je goute le plaisir de lui étre utile dans ses
Etudes; et jen prends de nouvelles forces pour diriger les miennes.
J'apprends en le corrigeant à me corriger moi-meme.
2) 18. Octbr. 1750: Je finirai ici ce sieche de Louis XIV quo peut-
ötre jo n’aurais jamais fini à Paris.