Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

290 Zwölftes Buch. Fünftes Capitel. 
bildungskraft den Zügel schießen ließ. Einiges Gute bringt er darin 
in Vorschlag, z. B. eifrigere Erforschung des Australlandes, die her- 
nach allerdings Resultate gegeben hat, von denen man damals leinen 
Begriff hatte, Förderung mikroskopischer Untersuchungen, und was 
dem mehr ist, aber er trägt auch Abenteuerlichkeiten vor: er zeigt sich 
nicht abgeneigt, auf die Astrologie zurückzukommen, und erklärt es 
für möglich, den Geist bis zur Wahrnehmung der Zukunft empor- 
zuschwingen #). 
In dieser Verbindung einer Rechthaberei, die etwas Gewalt- 
sames hatte, mit wissenschaftlichen Verirrungen, sah Voltaire die er- 
wünschte Gelegenheit den Nebenbuhler zu vernichten. Er nahm Par- 
tei für den Professor von Leiden, den er sonst eben auch nicht liebte, 
und wendete in dem Akakia die ganze Schärfe seiner Waffen gegen 
die Phantasien und die Eitelkeit des Präsidenten. 
Hat es aber nicht von jeher literarische Feindseligkeiten gegeben? 
Was lag in dieser so Besonderes, daß sie die allgemeine Aufmerk- 
samkeit so oft beschäftigt hat? 
Das Wesentliche ist, daß Voltaire dabei den Köng selbst be- 
leidigte. Er benutzte eine Erlaubniß, die er für ein ganz anderes 
Buch erhalten hatte, um die Schrift in Potsdam drucken zu lassen: 
der König, der den Präsidenten seiner Akademic, dem er eine so 
ausgezeichnete Stellung gegeben, nicht lächerlich machen lassen wollte, 
nöthigte Voltaire, die Auflage zu vernichten, und nahm ihm das Ver- 
sprechen ab, auch keine andere zu veranstalten. Wie hätte aber dieser 
Geist, der gleichsam geboren war, um die Gesammtheit der Ideen 
zu zersetzen, auf denen die eingeführte Weltordnung beruhte, in seinem 
schriftstellerischen Treiben irgend eine Rücksicht nehmen sollen? Auch 
der König, den er oft als einen Salomo des Nordens gepriesen, ge- 
wann ihm eine solche nicht ab. Voltaire säumte keinen Augenblick, 
seine Satire anderweit drucken zu lassen, und bald gingen die Exem- 
plare zu Berlin von Hand zu Hand. 
Hierüber gerieth nun aber der König in große Aufregung. Seit 
seiner Ankunft hatte Voltaire dahin getrachtet, jeden Gegner oder 
Nebenbuhler aus Friedrichs Dienst zu verdrängen, und einige Mal 
es durchgesetzt. Friedrich glaubte, er wolle jetzt auch Maupertuis ver- 
jagen, um statt desselben den Präsidentenstuhl in der Akademie ein- 
nehmen. Dazu hielt er ihn doch nicht für geeignet. Ueberdies aber 
war das hier zu Lande noch Unerhörte geschehen; ein königlicher Be- 
1) Lettres de M’ de Maupertuis, Dresde 1752, S. 154.
	        
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