(Gesellschaft von Sanssouci. 291
sehl war in der Hauptstadt des Landes übertreten worden. In der
Ausfwallung hierüber, die von allen Winkelzügen, die dabei vorge-
kommen, noch gesteigert wurde, ließ der König das Libell Voltaires
durch Henkershand an den Straßenecken von Berlin verbrennen.
Voltaire war zu sehr Schriftsteller von Fach, nichts als ein
solcher, als daß er sich die Freiheit literarischer Publicationen auf
irgend eine Weise hätte beschränken lassen wollen:; Friedrich war zu
sehr König, um eine Mißachtung seiner Autorität unter seinen Augen
jemals zuzulassen.
Hierauf war an kein längeres Beisammenbleiben zu denken, ob-
gleich man es versuchte. Die beiden Gegensätze stießen sogar nach
der Trennung noch einmal zusammen. Da Voltaire ein Exemplar
der Gedichte Friedrichs mitgenommen hatte, das ihm in Frankfurt
am Main abgefordert wurde, so gab es dort eine widerwärtige Scene,
in welcher die Schlangenwindungen des Schriftstellers in einen un-
gleichen Kampf mit dem trockenen Diensteifer eines preußischen Be-
amten geriethen 1), der ein unangenehmes Aufsehen in Europa machte.
Friedrich hat später einmal gesagt, er hätte sich um diese Sache
nie bekümmern sollen, es sei ihm gegangen wie einem, der zwei Käm-
pfende aus einander bringen will und dabei selbst einen Schlag be-
kommt. Indem er den Krieg zwischen den beiden Gegnern verhindern
wollte, verlor er beide.
Maupertuis konnte den Akakia nicht verwinden; er ist nie wieder
der alte geworden. Voltaire dachte auch aus der Ferne auf Rache.
Nicht eben sogleich, sondern als die Zeit gekommen, mitten in einer
gefährlichen Verwickelung, wendete er seine Waffen auch gegen Fried-
rich, und zwar nicht allein den Schriftsteller, sondern zugleich den
König und den Menschen.
König Friedrich hatte, auf ein häusliches Privatleben Verzicht
leistend, sich ein literarisches zu gründen, die Stunden der Muße im
Umgang mit Männern, welche ihm der Ruf als die ersten des Jahr-
hunderts bezeichnete, und die ihm persönlich zusagten, zu genießen
gedacht; allein ruhevolle Zurückgezogenheit ist dem Menschen kaum in
sich selber gewährt: die Umgebung, die ihn am glücklichsten machen
könnte, setzt ihn oft am meisten den Stürmen der Leidenschaften aus.
Und noch auf eine andere Weise kam das Königthum Friedrichs
mit seiner Literatur in Berührung. Wie oft hat man gesagt, daß
seine Aeußerungen mit seinen Handlungen im Widerspruch seien, daß
1) Freitags Berichte bei Varnhagen: Berliner Kalender 1845.
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