Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

24 Zehntes Buch. Erstes Capitel. 
So viel fehlte daran, daß sich König Friedrich den Ideen der 
jetzt in England vorwaltenden eifrigen Whigs angeschlossen hätte. 
Vielmehr bemerken wir eben hier Keime eines Gegensatzes der Politik 
beider Länder, der um so mehr sagen will, da er die allgemeine 
Richtung betrifft, die bei selbständigen Mächten und Geistern das 
Wesentlichste ist. 
Den Einfluß Frankreichs in Deutschland zu beschränken oder ihn 
auszuschließen war seine Absicht, die man als gemeinschaftlich betrach- 
ten kann. Aber England wollte alle Kräfte von Europa zu einem 
großen Angriff auf Frankreich fortreißen und dies unter das Haus 
Oesterreich erniedrigen, oder vielmehr die erwachte Kriegslust des letz- 
teren zu einem Anfall auf Frankreich benutzen; es dachte demselben 
wieder die kaiserliche Krone zu. Preußen dagegen wollte den Kaiser, 
der durch eine so gut wie einmüthige Wahl auf den Thron gelangt 
war, vertheidigen, dem Reich eine auf dem Zusammenwirken der großen 
Fürstenhäuser beruhende Verfassung geben, Holland und England durch 
ein Defensivbündniß an die deutschen Interessen knüpfen. Natürlich 
wohl: im Hintergrunde der englischen Entwürfe lag immer der See- 
krieg, der noch nicht ausgefochten war; Oesterreich verlangte eine Ent- 
schädigung für seine Verluste: Preußen dagegen wollte, nachdem es 
zu seinem vornehmsten Anspruch gelangt war, vor allem den Frieden. 
Jene beabsichtigten, über Baiern nach ihrem Belieben zu verfügen, 
dieser forderte die Herausgabe desselben. 
Wir sehen die verschiedenen Tendenzen klar vor uns; nicht so 
deutlich konnten sie den Mitlebenden erscheinen. 
England hielt für möglich, Preußen entweder zur Theilnahme 
an seinen Unternehmungen herbeizuziehen oder doch von allem Wider- 
spruch dagegen fern zu halten. Der König von Preußen hielt für 
Möglich, die beiden andern Mächte zu einem Frieden in seinem Sinne 
zu vermögen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.